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Fabrikation der Spitzen.

damen zum Schaden ihrer armen Schwestern im Erz­gebirge an dem Ungeschmack und an der Franz osen na ch- affung hingen, sogar den Absatz in der Heimath. Die Zwischen­händler der ausländischen Waare, Arbeitsscheue Leute, wurden dadurch und zwar auf Kosten der regsamen und fleißigen Bevölkerung des armen Erzgebirges reich. Niemand aber kümmerte sich darum! Wöchentlich wurde ehedem zu Annaberg ein Spitzenmarkt, der einzige in Sachsen, abgehalten, auf welchem die Klöppelmädchen der umliegenden Dörfer mit ihren Kunstprodukten sich einfanden.

Um der Noth der Bewohner des Riese ngebirges und Niederschlesicns Abhülfe zu bringen, ließ die preußische Regie­rung 1854 durch den Berliner Fabrikanten Johann Jacob Wcch- selmann daselbst die Fabrikation genähter Spitzen, sogenannter Brabanter oder Brüsseler Points, in's Leben rufen, und gründete zu diesem Behufe in und um Hirschberg nicht nur 17 Pointschulen, sondern stellte an denselben auch die besten böhmischen und belgischen Arbeiterinnen als Lehrerinnen an. Es beschäftigen sich daselbst noch immer 1000 Personen in diesem Industriezweige und produciren ein gutes und besseres Fabrikat, als das böhmische ist.

Auch auf den unfruchtbaren Hochebenen des böhmischen Erz­gebirges hatte die Spitzenklöppelei seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ihren Sitz aufgeschlagen, und durch eine Verein­fachung der belgischen Methode der Klöppelei war es möglich gewor­den, ordinäre Sorten von Spitzen aus Leinenzwirn zu sehr billigen Preisen herzustellen. In Folge dieses Umstandes entwickelte sich die­ser Industriezweig rasch zu großer Ausdehnung. Zu Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts belief sich die Zahl der Spitzenarbeiter u. s. w. im böhmischen Erzgebirge auf mehr als 60,000 Männer, Weiber und Kinder. Durch die Einführung des Bobbinetstuhles in Oesterreich 1831 wurde aber die Handarbeit zunächst zur Benutzung des billigern Baumwollzwirnes gedrängt, und gegenwärtig beläuft sich die Zahl der mit Erzeugung ordinärer Spitzen beschäftigten Personen kaum noch auf 8000 Individuen, wozu noch etwa 4000 Arbeiterin- - nen kommen, welche Valenciennes, Points und Plattspitzen verfer­tigen. Der PrägerVerein zur Beförderung der Erwerbsthätig­keit der böhmischen und Riesengebirgsbewohner" ist es eigentlich, der dieser Industrie so viel als möglich Rücksicht schenkt und hauptsäch­lich die oben angegebene Zahl von Stickerinnen beschäftigt, und zwar: mehrere tausend Arbeiterinnen (über den größten Theil des mittleren GebirgSzugeS verbreitet), mit geklöppelten Spitzen; 60 Ar­beiterinnen (in Graslitz) mit Plats; gegen 1500 Arbeiterinnen (in Gossengrün und Bleistadt) mit Points; 200 Arbeiterinnen (in Got- tesgab) mit Valenciennes, endlich 300 Arbeiterinnen (in Gottesgab) mit Applications. Seit 1855 befindet sich in Bleistadt eine Points- spitzenschule.

In der Schweiz ist dieser Industriezweig noch ein Verhältniß-