Verfertigung künstlicher Blumen.

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In Frankreich fertigt man u. A. künstliche Blumen aus Fisch­bein, welche aber nicht recht dauerhaft sind, da dieses Material gegen Wärme und Feuchtigkeit gar zu empfindlich ist.

Auch aus Holz, aus sehr dünnen, durch Spalten, Hobeln oder Schaben gewonnenen Blattern weicher Baumarten fertigt man Blu­men, die jedoch im Verhältniß der kostspieligen Zubereitung von zu geringer Dauer sind.

Ein vortreffliches Mittel zur Nachahmung von Blumen, Früch­ten und ganzen Pflanzen ist Wachs; wobei nur der Mangel an Festigkeit des Materials schuld ist, daß sich kein eigener größerer Industriezweig aus der Herstellung von Wachsblumen bilden läßt.

Auch aus Wolle kann man Blumen in ihrer vollständigen Ge­stalt gleichsam plastisch bilden. Man wendet diese Wollblnmen hauptsächlich im Verein mit gestricktem Moos, welches dann die Stelle der grünen Blätter vertritt, zu den verschiedensten Garnituren an, z. B. an Korben, entweder als Bordüre oder als Schmuck d/s Deckels, ebenso zu Lampentellcrn, Glockcnzügen u. s. w. Will man die Blu­men mit grünen Blättern versehen, so wählt man dazu Papierblät- -ter, die man entweder fertig kaufen, oder selbst schneiden und mit Drahtstielen versehen kann.

Die alten Mexikaner machten herrliche Arbeiten aus den schönst- farbigen Federn der einheimischen Vögelarten, und es kommen noch immer feine Federblumen, jedoch nicht als Nachahmung der natürli­chen, sondern als ein unabhängiger Schmuckgegenstaud vor. Eben so kennt man auch künstliche Blumen aus seidenen Chenillen, Blumen und Guirlanden aus Stroh; ferner aus kleinen Muscheln und Schnecken­häusern, Jnsektenflügeln u. s. w.

In Putzwaaren überhaupt und in der Fertigung künstlicher Blu­men steht Frankreich unerreicht da. Der Verbrauch künstlicher Blumen soll in Paris den Werth von 28 Mill. Frcs. erreichen! Auch in Spanien werden ausgezeichnete künstliche Blumen verfertigt. In England und Wales sind an 10,800 Personen, meistens von: weiblichen Geschlechte, in der Blumenfabrikation beschäftigt. Wie weit dieser Industriezweig verbreitet ist, ersah man 1862 zu London, wo künstliche Blumen von einer Frau I. Nash in Jamaica und von einem Fräulein Malidor von Martinique ausgestellt waren, von großer Schönheit und geschmackvoller Arbeit, aus der äußeren Haut (epickerm^) einer Pflanze (Vueeu uloekoliu) gemacht.

In Oesterreich concentrirt sich die Verfertigung von künstlichen Blumen in Wien und bildet eine eigene Art von Gewerbe, nämlich das derKranzelbinder", welches sich merkwürdiger Weise noch fast- ganz in Händen von Männern befindet. Diese Kranzelbinder fer­tigen besonders Hochzeits- und Todtenkränze, Altarblumen u. s. w. Außer Papierstreifen und gefärbten Federn dienen zum Material ferner -noch: Rauschgold, weiße und gefärbte Folie, Flitter, unechter Gold- und Silberdraht, unechte Edelsteine oder Glasflüsse u. dergl. mehr.

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