Schmuckfedern.

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gründ gedrängt wurden. Aber in der neuesten Zeit kommen sie au­ßerordentlich wieder in Aufschwung. So weit es Industrie und Geschmack auch gebracht haben, unsere Zimmer und Personen mit verschönernden Kunsterzeugnissen zu schmücken, bleibt doch der Hut mit natürlichen Federn eine der anmuthigsten Verzierungen auf gra­ciösen Damen-, wie auch martialischen Männerköpfen. Die Strau­ßen-, die Pfauen- und die ParadieSvogelsedern vereinigen in sich die Neihc delicatester Farrenblätter, sich leicht wiegender Schößlinge des Lärchenbaumes und der zartesten Sprossen der Palmen; in Farben- spielen die reichsten Schattirungen und Lichter des Regenbogens. Unter den Schätzen der Handelscarawanen in Afrika .findet man oft in den Händen der Araber Büschel von Federn, die so ausfallend den herrlichsten Blumensträußen gleichen, daß man meinen sollte, sie wä­ren so eben in einer Oase gepflückt und gewunden worden. Im Oriente tragen die Damen des Harems leidenschaftlich gerne Bou- quets von Federn solcher Vögel, für deren Bekleidung die Natur allen Farben- und Schönheitssinn erschöpft zu haben scheint. Im alten Griechenland machte man sogar Bettdecken, die über und über mit Pfauenfedern geschmückt waren. Der Krönungsmantel des verstorbenen Königs der Sandwichinseln soll über eine Million Tha­ler Werth sein, da er aus lauter Federn besteht, von denen jede ein­zelne mit 50 und mehr Thalern bezahlt werden; denn gerade von diesen Federn wächst blos immer nur eine Einzige unter jedem Flü­gel eines seltenen Vogels der Südsce-Jnseln.

Ausgezeichnet waren die Azteken (Ureinwohner Mexiko'ö) nament­lich in Federarbeiten, die nach W. v. Müller (Reisen in Mexico, Leipzig bei Brockhaus) den saubersten Werken des Pinsels sich zur Seite stellten. Zur Ausführung eines solchen Musivgemäldes ver­einigten sich meist mehrere Künstler; denn diese Arbeit erforderte so viel Geduld, daß eine einzige Kraft zu deren Vollendung nicht hin­gereicht haben würde. Als die Spanier und anderen Europäer diese Kunstwerke zum ersten Male erblickten, wußten sie wirklich nicht, was sie mehr bewundern sollten, das herrliche Colorit oder die Geduld des Menschen, der diese Federn zusammengefügt hatte. Papst Six- tus V., dem man ein derartiges Bild des heil. Franciscus vorlegte, und dabei bemerkte, daß es eine aztekischc Federarbeit sei, konnte sich erst durch Befühlen mit den Fingern überzeugen, daß er kein Oel- gemälde vor sich habe.

Die Personen, welche in Schmuckfeder-Geschäftcn arbeiten, nennt man Federnschmücker. Die Arbeit besteht theils in einer vorbe­reitenden Verschönerung der Federn, theils in der Zusammenfügung derselben zu bestimmten Gegenständen des Putzes. Die Zuberei­tung der Federn zerfällt in Reinigen und Entfetten, in Weiß­machen, Färben, Firnissen, Dresfiren, Frisiren und Kräuseln oder Ringeln. Das Zusammenfügen betrifft: runde oder gedrehte Straußenfedern als Putz auf Damenhüte, Fcderguirlanden, Feder-