Handel mit Menschen-Haar.

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dein darum Sou für Sou und erstehen es endlich, natürlich zu dem möglichst niedrigsten Preise. Das Haar wird dann so scharf als möglich vom Kopfe weggeschnitten, gewogen und bezahlt. Die armen geschorenen Mädchen gehen dann wieder heim, ihr Haar aber­mals wachsen zu lassen, und verkaufen es dann später gleichfalls in solcher Weise. Auch in Rußland vermochten früher die Haar­händler eine reichliche Ernte zu gewinnen; seitdem aber die Leibeigen­schaft aufgehoben ist und die Landbewohnerinnen nicht mehr gezwun­gen sind, sich ihres Kopfschmuckes zu entäußern, droht diese Haar­quelle gänzlich zu versiegen und ist der Werth dieses Artikels ziem­lich gestiegen.

Der Preis des Haares, wie es der Friseur und Perrückenmacher kauft, richtet sich nach seiner Güte, Länge und Farbe und steigt für das Pfund von 520 Thlr., ja noch darüber hinaus. In England schwankt der Preis von 430 Shilling pr. Pfund für Mittelquali- täten, erreicht aber für ausgezeichnete Waare (im rohen Zustande) die Höhe von 80 Spillingen. In Amerika ist der Preis 6 Cts. pr. Unze. Beim Ankaufe wird gewöhnlich, je nach dem Gewichte und der Schönheit des Haares einer Person 16 Frcs. bezahlt. 200,000 Pfd. Haare soll Frankreich jährlich in den Handel bringen. England verbrauchte 1860 (alle die obigen Daten sind von diesem Jahre) für 18,591 Pfd. Sterl. Das mittlere Gewicht eines französischen Haarzopses beträgt 10, eines italienischen 12 und eines deutschen 20 Loth. Die deutschen Haare kommen selten in ihrem ursprünglichen Zustande auf den Markt, sondern meistens mit ande­ren vermischt, um die schlechte Farbe und mindere Dualität zu ver­bergen. In der kaufmännischen Sprache versteht man unterZopf" blos den Haarbüschel am Hinterhaupte. Die Stirnhaare werden sel- - ten mit abgeschnitten, da sie immer etwas kürzer sind und die Per­son dadurch allzu sehr entstellt würde.

Zum Haarhandel gehört eine äußerst verlässige Unterscheidungs­gabe besonders darüber, ob die Waare dunkel oder hell ist. Das gekaufte Haar wird so genau untersucht, daß zwischen einem deut­schen und französischen Artikel sogar der Geruch unterscheiden muß. Ja, Haarhändlcr sollen sogar, wie die Verf. mit Humor (wenn nicht aus Spott) schreibt, zwischen Englisch, Wälsch, Schottisch und Irisch unterscheiden können, wenn sie ihre Nase in die Waare stecken.

Frauenspersonen scheinen sich bisher mit diesem Handel nicht abzugeben. Die Verf. sagt wenigstens nichts davon, und uns ist auch nichts davon bekannt. Daß aber diese Beschäftigung für Frauen eher passen würde, als für Männer, ist außer allem Zweifel. Unter­scheidungsgabe besitzt die Frau oder kann sich solche aneignen so gut, wie der Mann. Zu Klein-Handelsgeschäften hat sie in der Regel aber ein angeborenes Talent. Beschwerlichkeit wäre mit diesem Han­delsgeschäfte eben nicht verbunden. Vielmehr dürfte dasselbe den Frauen, welche sich damit abgeben wollten, einen einträglichen Erwerb