Frisiren. Das Perrücken- und Chignonsmacher-Geschäft. 231

einer langen Lehrzeit zurückschrecken, immer Aussicht auf guten und bleibenden Verdienst gegeben.

90. Das Perrücken- und Chignonsmacher-Geschäft wird meistens mit dem Friseurgeschäfte in Verbindung, sehr häufig aber auch selbstständig betrieben, und Frauenspersonen finden in demselben häufig angemessene Beschäftigung.

Perrücken, d. h. Kopfbedeckungen, bestehend aus künstlich anein­ander geflochtenen fremden Haaren, hat man schon vor einigen tau­send Jahren getragen, und die Adepten dieser Kunst besaßen damals das Geheimniß, den Haaren eine Kräuselung zu geben, die die ein­gebrannten oder sonst wie erzeugten Locken für immer beibehielten. Wenigstens hat man im Tempel der Isis (einer egyptischen Gottheit) eine Perrücke gefunden, die so gut erhalten und in Locken gelegt war, als wäre sie heut zu Tage gemacht worden. Ludwig XIII. von Frankreich führte sie in Europa und zwar in verschiedenen Formen ein. Daß man sich Anfangs des 16. Jahrhunderts bereits in Deutschland dieses kunstvollen Kopfaufbaues bediente, geht aus einem Briefe Johanns von Sachsen hervor, welcher 1518 verlangte:ein hübsch gemacht Haar auf das Beste zu Nürnberg zu bestellen, krauß und geel, und so, daß man es nicht merke". Seit dem 18. Jahr­hundert ist jedoch ihr Gebrauch sehr beschränkt, aber besonders im Theatercostum von Wichtigkeit, und hat sich sein Recht auch noch in der Amtstracht der Richter in England zu bewahren gewußt.

Chignons, das neueste Kind der launischen Mode, sind bekannte Haaranhängsel, welche der AmerikanerWafferfälle" heißt, und die, wie die Crinoline wenigstens die eine gute Seite haben, daß sie vie­len Menschen, besonders Frauenspersonen, bei ihrer Herstellung u. s. w. Arbeit und Verdienst vermitteln. Besonders in Marseille, wo der Hauptmarkt in Menschenhaartn ist, hat die Chignonsfabrikativn große Dimensionen angenommen. Es sollen dort nicht weniger als 400 Friseure damit beschäftigt sein, nebst 4 großen Fabriken, die zusam­men jährlich 55,000 Stück allein für heimische Consumtion in den Handel bringen, wovon 30,000 in's Innere geschickt, die übrigen 25,000 in Marseille und dessen Vorstädten verbraucht werden. Ein einziges Pariser Haus in der Passage des ?elil8 kei'68 setzt jährlich im Detailverkauf nickt weniger als 15,000 Chignons ab. Die Preise wechseln zwischen 1270 Frcs. pr. Stück. Am theuer­sten werden die rothen bezahlt, die meist aus Schottland kommen. Von Frankreich wurden nach England im vorigen Jahre 11,954 Stück und auße§ diesen noch Haare für 7000 andere Stück ausge­führt, welch' letztere in England zurccht gemacht wurden. Der Ge- sammtwerth der französischen Ein- und Ausfuhr von Chignons und Haaren im Jahr 1866 belief sich auf 1,206,500 Frcs. Die besten Kunden waren England und Amerika. In letzterem Lande ver-