234 Gewinnung und Zubereitung von Stroh zu Flecht-Arbeiten.

Die Beschäftigung ist das ganze Jahr hindurch andauernd und immer dieselbe, ohne daß darauf die Jahreszeiten, wie bei sonstigen Geschäften, irgend einen Einfluß ausüben.

d. Verwendung von Stroh rc.

92. Die Gewinnung und Zubereitung von Stroh zu Flecht-Arbeiten. Das Stroh, d. h. die getrennten und von Fruchtkörnern befreiten Halme der hochwachscnden Gräser, besonders der Getreidefrüchte, ist eines der nützlichsten landwirthschaftlichen Er­zeugnisse. Außer seiner Verwendung zu landwirthschaftlichen und häuslichen Zwecken, bietet es auch verschiedenen Gewerben ein höchst wichtiges Material, und wird insbesondere sehr stark zu Strohhüten für beide Geschlechter verarbeitet. Stroharbeiten sind eine wich­tige Erwerbsquelle für sehr viele Menschen; insbesondere für die Ge- ^ birgsbewohner des südlichen und mittleren Europa's. Ja, in manchen Ländern, insbesondere in Italien, haben Stroharbciten theils durch ihre vollendete Ausführung, theils durch die Menge ihrer Erzeugnisse sich zu so belangreichen Artikeln erhoben, daß sie Gegenstände eines weit zielenden und sehr lohnenden Activhandels geworden sind. Dies gilt aber ganz vorzüglich von der Verfertigung von Strohhüten, zu­nächst für das Frauengeschlecht.

Nicht jede Sorte Stroh ist aber zu Geflechten und Geweben brauchbar. Gutes Flechtstroh muß überhaupt einen hohen Grad von Festigkeit, Zähigkeit und Biegsamkeit besitzen; auch darf.es nicht zu kurz sein. Grobe, spröde und brüchige Halme sind zum Flechten von Hüten untauglich. Man verwendet vorzüglich 5 Gattungen von Stroh zu Geflechten, nämlich Weizen-, Roggen-, Gerste-, Hafer- und Reis­stroh. In Toskana nimmt man dazu das Stroh des Weizens und zwar eine Abart des gewöhnlichen, auch das des Dinkels (Spelzes), seltener das Roggen- und Reisstroh. Das beste Material zu Stroh­geflecht bilden dre Halme des Sommerweizens, der eigens zu diesem Zwecke gebaut und gezogen wird. Das italienische, namentlich das toskanische oder florcntinische Stroh ist seit Jahrhunderten als das vorzüglichste Flechtstroh berühmt. Nur der Boden und das Klima Italiens, nur die ganz eigenthümliche Cultur ist es, welche das feine, geschmeidige Material erzeugen, das zu den viel begehrten Florenti­ner Hüten, Kappen, Arbeits- und Cigarrentaschen, Schuhen, zu Tressen und Schnüren verwendet wird. Das beste und meiste der Art gewinnt man im Arnothale, in der Nachbarschaft von Florenz, bei Pisa, Siena, Campi, Mantna, Piacenza, Modena und an eini­gen anderen Orten. Das Getreide, dessen Samen zur Pflanzung benutzt wird, ist, wie schon gesagt, eine Art Sommerweizen (Bart­weizen), bei dessen landwirthschaftlicher Cultur der Gewinn des Stro­hes die Hauptsache ist, während auf den Gewinn der Fruchtkörner verzichtet wird. Die Weizenfelder sind in der Regel auf Berg- oder