Gewinnung und Zubereimng von Stroh zu Flecht-Arbeiten. 235

Hügelland angelegt und wird schwerer Boden vermieden. Man hält das Land mit allem Fleiß von Unkraut rein, duldet auch keine Bäume an der Ackergrenze, damit die Sonnenwärme dem Boden voll zu Gute komme. Im März säet man dann möglichst kleine, aber doch reife Weizenkörner, und zwar dichter, als gewöhnlich, um viele und recht schlanke Halme zu bekommen, die fest und zähe werden. Man nennt es nach der Zeit seiner Aussaat auchMarzolo" oderMär­zenstroh". Ist der Weizen gegen Ende Juni etwa 1215 Zoll hoch, das Stroh reif, die Aehren ausgebildet und die Körner fast ausgewachsen, aber im Innern noch milchig: so zieht man die Halme einzeln und vorsichtig mit den Wurzeln aus der Erde, läßt sie 34 Tage in Haufen (Schwaden) liegen, wodurch sie mehr Zähigkeit er­langen, sondert dann die Wurzel ab, liest die fleckigen und sonst untauglichen Halme aus, drischt hierauf vorsichtig mit einem Klopfholze die Frucht aus den Aehren aus und formt aus den brauchbaren Halmen dünne Bündel von 24 Loth Schwere, die man 2 oder 3 Wochen lang der Sonne und dem Thaue aussetzt, um sie sowohl vollständig zu trocknen, als bis zu einem gewissen Grade zu bleichen. Gegen das Ende dieser Periode löst man die Bündel, breitet die Halme einzeln auf Nasen aus und wendet sie zuweilen. Damit das Stroh aber nicht fleckig wird, muß es sorgfältig vor Regen und Rasenfeuchtigkeit bewahrt werden; nur Thau und Son­nenschein dürfen eine dem Gelingen günstige Wechselwirkung äußern. Hierauf weicht man die Halme in einem reinen Bach ein oder setzt sie einem Strom von Waffcrdampf aus und schichtet sie dann über'S Kreuz in einem Kasten auf, um sie durch Schwefeldämpfe vollends auszubleichen. Wie die ganze Behandlung, so erfordert namentlich das Schwefeln besondere Aufmerksamkeit, um nicht statt weißes ein schwarzfleckiges Stroh zu erhalten. Die Halme werden endlich mittelst einer einfachen Borrichtung nach 8, 12, nicht selten bis zu 16 und 20 Feinheitsnummern sortirt. Nach dem Sortiren 'werden diese kleine Halme wieder nach der Länge in verschiedene Klassen ge­theilt, in Bündel gebunden, und so in den Handel gebracht. Be- schriebenermaßen zubereitet und gleichsam getrocknet wie Heu, hält sich die Waare 12 Jahre lang.

Man hat auch in den anderen die Strohindustrie treibenden Ländern, in der Schweiz, Frankreich, England und in der Nähe von Wien versucht, Stroh herzustellen, welches dem italienischen gleich­kommen sollte, und man nahm Hiebei das italienische Verfahren des Strohanbaues so viel als möglich zur Norm. Aber es ist noch nicht gelungen, die Güte desselben, seine Feinheit, Weichheit und Elasticität, seine Farbe und seinen Glanz zu erreichen. Es hat sich zwar über­all ergeben, daß auf Berg- und Hügelland das beste Material ge­wonnen wird; aber wo diese eine Vorbedingung auch gegeben ist, da fehlt die andere, nämlich die italienische Sonne. Auch statt der dor­tigen Naturbleiche muß man bei uns aus Mangel an anhaltendem