236 Gewinnung und Zubereitung von Stroh zu Flecht-Arbeiten.

Bleichwetter die künstliche heranziehen. Indessen gewinnt man doch schon in der Schweiz ein vortreffliches Weizen-- und Roggenstroh mit sehr dünnen Halmen. Je mehr Fleiß und Sorgsamkeit auf die Cul­tur des Flcchtstrohes und seine künstliche Bleiche verwendet werden wird, desso besser wird auch mit der Zeit das Material werden. Von der Güte des Materials hängt aber in diesem Artikel besonders der Werth der Arbeit und der Waare ab.

Daß in der Gewinnung des Flechtstrohes Frauenarbeit ein be­deutender Factor ist, erhellt aus der Beschreibung seiner Behandlung, wobei die meisten Verrichtungen solche sind, die sich für das andere Geschlecht besonders eignen.

Was die weitere Zu- und Vorbereitung des Strohes zur eigent­lichen Verarbeitung selbst betrifft, so wird das Florentiner Stroh ungespalten, d. i. im Ganzen zu Geflechten verwendet, da es ohne­dies sehr fein ist und in diesem Zustande eine größere Dauerhaftig­keit besitzt.

Stärkeres Stroh, wie man es in der Schweiz, in Deutschland und anderwärts (in England z. B. Weizen-, in Amerika Roggen­stroh) verwendet, muß vorher in Streifen gespalten werden. Hie­bei ist es stets in feuchtem Zustande zu erhalten, indem man es mit nasser Leinwand umgicbt. Das Spalten geschieht mit sternförmigen, eisernen, stählernen oder beinernen Instrumenten, deren man, je nach der Menge von Streifen, zu welchen man das Stroh spalten will, mehrere Sorten z. B. mit 3, mit 4, mit 6, mit 8, mit 10 u. s. w. Strahlen hat. Besonders feine Streifen wendet man zu Strohblu­men und zu Strohfcdern an.

Auch das gröbste, vorher unnütz weggeworfene Stroh kann durch Aufschlitzen mit dem Strohspalter nunmehr zur Hutflechterei tauglich werden, und dies war die Ursache, daß die Strohhutfabrikation sich mit Erfolg selbst in solchen Gegenden verbreiten konnte, wo nur gro­bes Material zu Gebote steht, wie dies in Sachsen und in einigen Gegenden Böhmens u. s. w. der Fall ist.

Das Spalten des Strohes ist Frauenarbeit. Das Stroh wird auch oft erst gefärbt und dann verarbeitet.

93. Strohhutflechterei und die Verfertigung von Damen- hüten. Man kann diese Industrie wesentlich in zwei Hauptabthei­lungen bringen: 1) Geflechte von ganzem, und 2) Geflechte von ge­spaltenem Stroh. Die erstere Gattung kann man als den Anfang der Strohindustrie bezeichnen. Das hiezu verwendete Material ist Weizenstroh und dasselbe wird ganz, d. h. nicht gespalten geflochten. Diese Arbeit ist bloße Handarbeit, ohne irgend welche mechanische Beihülfe. Aus ganzem Stroh werden sowohl Damen- wie auch Herrenhüte gefertigt.

Italien ist es, dessen Strohindustrie sich vor der aller ande­ren Länder auszeichnet und bis zum Anfang des vorigen Jahrhun-