238 Strohflechterei und die Verfertigung von Damenhüten.

gern als fertige Arbeiten auch ihre Streifen und Tressen und sogar das Stroh in den Handel. Das Jahr 1827 bezeichnete das Ende dieser entscheidenden Verhältnisse. Der Handel erhob sich mit neuer Kraft; man erfand neue Weisen, das Stroh mit Seide und Pferde- haar zu flechten und die geflochtenen Streifen anzuwenden. Zur Zeit der Wiederbelebung der Strohwaarenfabrikation verdiente die geschick­teste Arbeiterin nur ) Frcs. täglich und später nur H Frcs. Seit 1840 ist es möglich, wieder 1j Frcs. zu verdienen. Die Ausfuhr der Stroharbeiten nahm seitdem stets zu. Im Jahr 1855 wurden allein für 6,012,740 Frcs. an geflochtenen Streifen, 14,173,349 an Strohhüten, 137,308 an sonstigen Stroh-Arbeiten, im Ganzen 20,323,397 Frcs., von 16511855 im Ganzen für 26,882,726 Frcs. derartiger Waaren exportirt. So führt dieser einzige scheinbar ge­ringe Beschäftigungszweig dem kleinen Ländchen großen Reichthum zu, von dem aber, leider! für die armen Arbeiterinnen das We­nigste abfallt.

Die echten florentinischen Strohhüte sind von u »gespaltenem Stroh verfertigt und deswegen überall gleichfarbig, worin ihr Hauptvorzug besteht, den aber die Fabrikate aus gespaltenem Stroh nicht haben können. Das gleichmäßig feine, elegante Aussetzn und die Dauerhaftigkeit, welche die italienische Waare auszeichnet, kann von den Fabrikaten anderer Länder nie erreicht werden. Ein zweiter Vorzug des florentinischen Geflechtes besteht in der Art des Flechtens, indem die Strohbänder in ununterbrochener Fortsetzung zu einer ebenen Fläche verflochten werden. Bei den nicht-italienischen Strohhüten gestattet dies die Natur des Strohes nicht. Die Bän­der müssen dachartig mit vorstehenden Rändern übereinander genäht und auf diese Weise eine gerippte Oberfläche erzeugt werden. Bei den echten Florentinern wird der Rand jedes Strohbandes die Grund­linie des folgenden, so daß die Oberfläche des Hutes, sowohl am Kopfe, als am Rande, ein ununterbrochenes zartgeschlungenes Muster zeigt.

Wie schon oben einmal erwähnt, stehen die echten florentinischen Damenhllte oft in sehr hohem Preise. Im Jahre 1836 kaufte der toscanische Hof ein reizendes florentiner Hütchen im Preise von 8 40FrcS.! und in demselben Jahre verfertigte Agnese Nannucci ein noch reizenderes aus Roggenstroh, das der Hof von Wien kaufte und zwar für 1176 Francs!!

Die eben genannte Dame aus Florenz erhielt auf der letzten Ausstellung zu London eine Medaille als Anerkennung ihrer ausge­zeichneten Geflechte. Auch aus Wien hatte eine Dame, Namens Petry Marie, einflorentiner Strohbouquet" ausgestellt. Das­selbe war aus freier Hand gearbeitet, von gedrehtem florentiner Stroh und zu 20 Frcs. geschätzt. Bemerkt muß werden, daß die meisten ordinären Hüte, welche unter dem NamenFlorentiner Hüte" in den Handel kommen, im Venetianischen gefertigt werden.