Strohflechterei und die Verfertigung von Damenhüten. 239

Die Schweiz hat sich seit mehreren Jahren gleichfalls der Art von Gesiecht zugewendet, welche aus ungespaltenem Stroh besteht. Es sind die Gebirgsgegenden des Kantons Tessin, welche sich damit beschäftigen, und trotzdem diese Industrie dort noch verhältnißmäßig jung ist, sind doch schon bedeutende Fortschritte hierin gemacht wor­den. Das Fabrikat ist im Vergleiche zum siorentinischen zwar ei» sehr unvollkommenes; allein bei anhaltender Nachfrage nach diesem Artikel wird sich dasselbe auch verbessern. In Bezug auf die Arbeit lassen diese Geflechte weniger zu wünschen, als in Bezug auf die Farbe derselben. Denn da man der Behandlung des Rohstoffes we­niger Sorgfalt widmet, kann man auch nur gefärbte Waare erzeu­gen. Die ganze Production bclief sich im Jahre 1861 auf circa 150,000 Stück im Werthe von 200,000 bis 250,000 Frcs.

Im badischen und würtembergischen Schwarzwald werden zwar auch solche Strohgrsiechte schon seit langer Zeit ge­fertigt, die ebenfalls der Qualität des Strohes und der minderen Vollkommenheit der Arbeit wegen gefärbt sind, und bisher noch kei­nen anderen Vorzug, als den der Billigkeit haben, der ihnen allein den,Weg auch in andere Länder bahnt, obgleich sie eigentlich den größten Verbrauch im Lande selbst finden.

Wir kommen nun zu den Geflechten von gespaltenem Stroh, wozu man Roggen- und Weizenstroh verwendet. Die große Nach­frage nach diesen Geflechten hat die Production fast aller Länder in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Auch die Arbeit dieser Gattung ist überall Handarbeit.

England producirt erst seit noch nicht ganz 30 Jahren in großer Masse. Das Rohmaterial ist Weizenstroh von guter Farbe und schönem Glänze; dasselbe wird mit großer Sorgfalt gebleicht, und beim Verarbeiten werden alle schadhaften Stellen sorgsamst ent­fernt. Daher kommt es, daß man an solcher fertigen Waare durch­aus keine Mängel wahrnimmt. Im Färben des Strohes ist Eng­land jedem anderen Lande voran; seine gefärbten Geflechte haben einen natürlichen Glanz, welcher bei keinem anderen Fabrikate dieser Art hervorgebracht werden kann. Die Production nimmt von Jahr zu Jahr zu; dieselbe beträgt über eine Million Stück mit einem Werthe von 3 Mill. Frcs. England deckt damit zuerst seinen eige­nen Bedarf und exportirt nach Frankreich, Italien und dem Zollverein.

Belgien hat eine große Strohindustrie. Das belgische Fa­brikat kommt unter dem NamenBrüsseler Stroh" in den Handel. Es zeichnet sich durch vorzügliche Arbeit und durch Reinheit des Strohes aus. Die Production beschränkt sich aber auf die Provinz Limburg. Man berechnet dieselbe auf ca. 1 Mill. Stück mit einem Werthe von 2H Mill. Frcs. Belgien exportirt nach Frankreich, Eng­land und Amerika.

In Deutschland hat das Strohflechten seinen Hauptsitz in einem Theile des sächsischen Erzgebirges und nimmt auch in