242 Strohflechterei und die Verfertigung von Damenhüten.

len. In Krankheitsfällen komme Medicin oder bei sonstigen zufälli­gen Anlässen verschiedene andere Ausgaben zu bestreiken. Von einer gesunden Erholung, einer geistigen oder moralischen Bildung sei bei diesen Armen nicht die Rede. Viele derselben haben nicht einmal ihr eigenes Stäbchen für sich, sondern halten sich bei irgend einer armen Familie auf und schlafen irgendwie und irgendwo. Und doch müß­ten sie für solch' armseliges Obdach und die kärglichste Nahrung 8 1. 50 bezahlen. In recht schmutzigen Logirhäusern koste es frei­lich nur 8 1. Das Leben in solchen Höhlen aber könne man sich denken!

Die Vers. giebt den täglichen Verdienst von Strohflechterinnen auf 1020 Cts. an, und in den Neu England Staaten bildet diese Arbeit meistens auf dem Lande eine Nebenbeschäftigung und Haus­industrie.

Strohflechterinnen müssen 6 Wochen lang lernen und erhalten während dieser Zeit keinen Lohn.

Die beste Zeit für Strohflechten ist (in Amerika) der Frühling. Aber es giebt des Jahres über doch ungefähr 10 Monate andauernde Arbeitszeit. Im December beginnt man Damen- und Herrenhüte für's Frühjahr zu machen. Die Sommersaison nimmt mit Beginn des Septembers ihr Ende.

Zu bemerken kommt nachträglich, daß die geflochtenen Stroh­bänder, wie schon früher die Halme, von Neuem gebleicht, geschwe­felt und gepreßt werden. Sollen sie nicht gleich zu Hüten verarbei­tet werden, so legt man sie spiralförmig in Rollen von bestimmten Maaßen zusammen oder weift sie auf Haspeln, und in dieser Gestalt kommen sie in den Handel.

Ueber die Lage der mit Strohflechterei in Deutschland beschäf­tigten Arbeiterinnen.rc. bringt der ,>Bazar" im Jahrg. 1862, S. 132, folgende Schilderung:

Das Strohflechten, keinen Aufwand körperlicher Kräfte erfor­dernd, wird wahrscheinlich aus diesem Grunde (?) weniger von Män­nern, als von Frauen und Kindern geübt, und gewöhnlich sind es die Bewohnerinnen kleiner Landstädtchen und Dörfer, welche diesen häuslichen Industriezweig als Erwerb erwählen. In Orten, wo die­ser Industriezweig stark betrieben wird, gehört Strohflechten (wie an anderen Orten das Stricken) zur Erziehung gleich Lesen und Schrei­ben, und wird in der Schule ebenso gelehrt. Kleine dreijährige Mädchen schon werden ernstlich zur Uebung dieser Fertigkeit angehal­ten; denn ist das Strohflechten wie schon erwähnt auch keine von den lohnendsten Frauenarbeiten, so hat es doch das Gute» die Aufmerksamkeit nicht ausschließend zu beanspruchen, sondern sich mit der Beaufsichtigung der Kinder, der Beachtung des Kochens für den einfachen Tisch u. dergl. ganz wohl zu vertragen, und sogar im Gehen betrieben werden zu können, so daß weder ein Geschäfts-, noch ein Spaziergang über Feld und Straße eine geübte Strohflech-