Strohflechterei rc. Das Strohhut-Nähen.

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terin in ihrer Arbeit sonderlich aufhält. Im Winter aber sind die Strohflechterinnen wahrlich nicht zu beneiden. Vergebens glühen im Kamine für sie die wärmenden Kohlen; sie müssen das behagliche Feuer meiden, weil es dem Strohgeflechte schädlich ist. Die Halme dürfen nicht anders als naß verarbeitet werden. Da sitzen dann die guten, fleißigen Leute in den kältesten Winkeln der Stube, mit starren Händen nur mühsam das Stroh regierend. Im Frühling und Sommer dagegen, wenn die Strohflechterinnen vor den Hausthüren im Schatten der Bäume zusammenkommen und mit ver­ständigen oder ergötzlichen Gesprächen die Zeit kürzen; da geht die Arbeit rascher und heiterer von Statten, und selbst die unruhigen Kleinen vergessen das Spiel über der Wichtigkeit ihres gewerblichen Wetteifers mit den Müttern und erwachsenen Schwestern. Denn, können Kinder auch nicht die zierlichen Moosborden, nicht die schö­nen Bänder mit Perlenrand u. s. w., sondern nur glatte Bänder aus höchstens 7 Halmen flechten, die Agenten aus den Strohhut­fabriken kaufen auch das wohlfeile Geflecht der Kinderhände, welches eben nur gut genug ist, zur Kopfbedeckung einer anspruchslosen Bäue­rin zu dienen. Nach und nach werden die kleinen Hände größer und geschickter, ihre Arbeit steigt im Preise und hält die Armuth fern von Haus und Familie."

94. Das Strohhut-Nähen. Die herrschende Mode in den Städten verlangt von Jahr zu Jahr wechselnde Formen von Hüten. Zu diesem Zwecke bestehen auch allenthalben in größeren Städten so­genannte Strohhutfabriken. Dieselben sind aber eigentlich nurNäh- anstalten, in welchen in Deutschland, je nach Feinheit und Form der Flechtung, italienische, oder aus der Schweiz, dem Schwarzwalde oder Erzgebirge rc. bezogene Strohgeflechte, in Bändern, Tressen, Bordüren, Schnüren u. dergleichen dessinirte oder durchbrochene Stroh­arbeiten oder auch Strohgewebe zusammengenäht werden. Die Ver­fertigung der Mode-Strohhüte bietet sehr viele Verschiedenheit dar. Sie ist ausschließend Handarbeit, und läßt sich bei der Zufällig­keit der Forderungen des modernen Geschmackes auch nicht im gering­sten auf allgemeine Verfahrungsweisen zurückführen. Nur bei den runden Hüten nach Florentiner Weise ist mehr Gleichförmigkeit in der Arbeit möglich.

Die durch das Flechten erhaltenen Strohbänder werden also einzeln zu den verlangten Formen zusammengenäht. Bei dieser Ar­beit muß die Nadel unter den Maschen am Rande stets ringsumhin fahren. Wegen dieser besonderen Art der Nähterei ist auch der Ge­brauch von Nähmaschinen hierbei nicht möglich. Den Rand des Hu­tes macht man immer zuerst, und dann folgt die Verfertigung des Kopfes über einer hölzernen Form. Zuletzt wird der Kopf an den Rand befestigt. Das Strohhutnähen ist leichte Arbeit und erfor-

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