246 Das Strohhut-Nähen. Strohhüte für Knaben u. Männer.

den besten Familien auf Aushülse rechnen, die keinen Anstand neh­men, ihre gut erzogenen und intelligenten Töchter in anständige Eta­blissements zur Arbeit gehen zu lassen. Die Beschäftigung in der Strohhutmanufactur dauert in der Regel neun Monate des Jahres an. Für das Exportgeschäft beginnt die Arbeit im November; für das Stadtgeschäft dauert sie von März bis Juli. Die Zeiten, in welchen die verschiedenen Geschäfte arbeiten lassen, sind sehr von ein­ander abweichend. Die einen vom September bis Juni, die andern vom December bis Juni und vom August bis November u. s. w. Im Allgemeinen wird angenommen, daß es im Juli, August und November wenig oder gar nichts zu thun giebt. In vielen Eta­blissements aber, deren Inhaber Rücksicht auf ihre Arbeiterinnen neh­men, wird zur flauen Geschäftszeit wenigstens zu ermäßigtem Preise Arbeit ausgegeben, so daß sie mindestens die Hälfte dessen verdienen können, was ihr Lohn sonst in der guten Geschäftszeit ausmacht.

Durch Waschen mit Wasser reinigt man die genähten Strohhüte von Staub und Schmutz. In England wendet man dazu eine schwache Potaschen- oder Sodalösung an. Man schwefelt das Geflechte noch einmal und taucht es zuletzt (nach Dr. P oppe's Volksgewerbslehre) in Weingeist, welcher noch gefärbte und harzige Theile des Strohes auflöst. Den Glanz ertheilt man den Hüten dann dadurch, daß man sie mit Reiswasser oder mit dünnem Stärkekleister, oder mit einer Gummiauflösung befeuchtet, daß man sie dann lagenweise zwischen hölzerne, vorher sehr stark erwärmte Bretter auf einander legt, sie sehr stark preßt und 24 Stunden lang in der Presse läßt. Einfa­cher und von noch besserem Erfolg, als das Pressen, ist das Ueber- fahren mit heißem Stahl, der zu diesem Zwecke eine bequeme Ge­stalt haben und zur leichten Führung eingerichtet sein muß.

In neuester Zeit fängt man an, kleine hydraulische Maschinen auch zum Pressen der Strohhüte anzuwenden. In 1^1j Minute ist der Hut in die gewünschte Form gebracht, während bei der Hand­arbeit mit dem Bügeleisen mehr als die zehnfache Zeit dazu erfor­derlich ist.

95. Das Flechten von Strohhüten für Knaben und Männer. Der würtembergische Consul, Herr Hecht in Straß­burg, schildert in einem Berichte an seine Regierung diesen Indu­striezweig (siehe Dr. B öttge r's Polyt. Notizen-Blatt Nr.21, XXI) folgendermaßen und macht Hiebei aufmerksam, daß hierin noch ziem­lich ein Feld der Thätigkeit offen stehe.

Bis zum Jahre 1830 war Italien das einzige Land, welches sich mit Anfertigung des sogenannten italienischen Strohhutes für Damen befaßte und alljährlich ganz Europa mit seiner Produktion von 23 Mill. Stücken versorgte. Diese Hüte hatten jedoch immer ein und dieselbe Form und konnten nach den Ansprüchen der Mode nicht abgeändert werden. Die Schweiz, Belgien, England und spä-