302

Möbelfabrikation.

gungen ihrer Verarbeitung kenne, und von den Wegen unterrichtet sei, welchen der Absatz der Produkte des menschlichen Fleißes nimmt.

Was die Verfertigung von Möbeln betrifft, so stand die Ver­arbeitung des Holzes zu geschmackvollem und kunstreichem Hausgeräthe zwar schon im Mittelalter und vor Allem in Deutschland auf hoher Stufe. Aber die Erzeugnisse der mühevollen künstlerischen Hand­arbeit waren damals nur den Großen und Reichen zugänglich; die häusliche Umgebung des kleinen Mannes war plump und roh. Dank den gewerblichen Fortschritten unserer Zeit kann sich heute auch der weniger Bemittelte nach seinen Verhältnissen geschmackvoll und elegant möbliren. Die Möbeltischlerei hat jetzt vielfach den Charakter des großen Fabrikbetriebes angenommen, und namentlich arbeiten die Deutschen mit Erfolg dahin, Wohlfeilheit mit Eleganz zu verbinden. Die bedeutendsten deutschen Möbel-Fabriken befinden sich in Berlin, Wien, Mainz, Hamburg. Das beste, schönste und dabei sehr wohl­feile Möbelsortiment auf der letzten Londoner Weltausstellung war auch aus Deutschland gekommen und zwar aus der kleinen Stadt Kvburg von HoffmeisterLCo., die auch in Gotha ein Filial- geschäft besitzen. Unter den drei concurrirenden Ländern, Frankreich, Deutschland und England, steht das erstere, oder genau gesprochen, Paris, mit seinen vielen deutschen Kunsttischlern, von langer Zeit her an erster Stelle und ist noch immer tonangebend. Doch macht ihm Deutschland und in seiner Art auch England Concurrenz.

Seit Jahrhunderten giebt Paris Muster und Vorbilder für ganz Europa, und wer etwas Kostbares und Geschmackvolles haben will, wendet sich dorthin, es anzukaufen. Dadurch hat der französische Arbeiter fortwährend Gelegenheit, seine Kunstfertigkeit in den fein­sten und elegantesten Darstellungen zu üben; denn es fehlt ihm nicht an Absatz für dieselben. Zugleich hat er aber auch beständige An- feuerung, seinen Geschmack zu bilden und Neues zu schaffen. Die dem unbedingten Besuche stets offen stehenden Kunstsammlungen, die reichen Schauläden, jeder Gang durch die Straßen, unzählige äußere Einwirkungen u. s. w. regen ihn an, bereichern ihn mit Ideen und wecken die Lust der Nacheiferung. Daß diese Eindrücke überhaupt und allgemein bildend wirken, sehen wir wohl daran, daß der deut­sche Arbeiter, welcher in seiner Heimath vielleicht kaum die Stufe der Mittelmäßigkeit überschritten haben würde, in Paris erfinderisch wird, seine technischen Fertigkeiten vervollkommnet und es den Fran­zosen gleich macht, wenn nicht zuvor thut. Es geht in Paris die Kunst mit dem Handwerke innig verschwistert. Ein seltenes Zusam­menwirken der verschiedenartigsten artistischen und gewerblichen Kräfte, der Zeichner, Bildhauer, Tischler, Holzschneider, Tapezierer, Bronce- und Steinarbeiter u. s. w. streben in der französischen Möbelfabri­kation alle nach Einem wohlverstandenen gemeinschaftlichen Ziele.

Das englische Möbel hat sich von jeher durch die sauberste Aus­führung und vollendetste Solidität ausgezeichnet; es ist aber stets