Viehzucht.

329

anstrengende Dreschen dem Pferde, das man an den Göpel spannt, (oder wohl auch der Wasserkraft oder dem Dampfe) überwiesen. So braucht auch der Boden mehr thierischen Dünger, da der Ackerbau nicht blos auf Getreide und Vietzfutter sich beschränken darf, sondern dem Baue von mancherlei Industrie- und Handelspflanzen, welche zum Theil den Boden sehr aussaugen, z. B. Flachs, Hanf, Krapp, Mohn, Runkelrüben, Taback, Hopfen u. s. w. nunmehr Beachtung schenken muß. Es bricht sich allenthalben immer mehr die Einsicht Bahn, daß der Getreidebau vermindert, und soweit er beizubehalten ist, rationeller und intensiver betrieben werden muß. Man kommt darauf, daß man den Industrie- und Handelspflanzen mehr Beachtung schen­ken muß, als bisher, und man beginnt zu erkennen, wie nicht nur eine bedeutendere Viehzucht räthlich, sondern unumgänglich nothwen­dig ist, und deshalb auch der Futterbau umfangreicher werden muß. All' diese Revolution ist das Werk der erleichterten Verkehrsmittel, der Eisenbahnen und Dampfschiffe, welche dem Landmanne den Welt­markt eröffnen und ihm passende Gelegenheit geben, die Erzeug­nisse seines Fleißes Vortheilhaft absetzen und für dieselben nunmehr allenthalben sichere Abnehmer finden zu können. Und aus all' dieser Veränderung ergeht dem Landwirthe die Möglichkeit, die schwerere Arbeit dem Menschen abnehmen und auf Maschinen wälzen zu können, die durch Thiere oder Dampf getrieben werden; während die auf solche Weise von schwerer Feldarbeit befreiten Hände, besonder- der Landbewohner des anderen Geschlechtes, ihre Kräfte und ihren Fleiß irgend einem Zweige der Hausindustrie lohnend zuzuwenden vermögen, welche wiederum gerade durch den vermehrten Anbau der Handelspflanzen, die der Industrie zur Verarbeitung nothwendig sind, befördert wird.

Wir ersehen daraus die Wichtigkeit der Viehzucht; wir erse­hen, wie Eines vom Andern abhängt, wie Eines dem Andern die Hand reicht. Wie leicht ist es, diese Verkettung aller Jndustriever- haltnisse mit unseren Lebensbedürfnissen und den Mitteln zur Ver­schönerung desselben bis in die Paläste der Reichen und Vornehmen zu verfolgen. Und wie interessant und lehrreich muß es für Jeder­mann sein, die Stufenfolge zurück nachgehen zu können, welche diese- oder jenes Produkt des menschlichen Fleißes geschaffen hat; dabei den Werth der Arbeit kennen zu lernen, und sich endlich von den Bedin­gungen zu überzeugen, unter welchen Millionen von Menschen sich abquälen müssen, ihr Brod zu verdienen. Wie förderlich würde den wohlhabenderen Klassen ein solcher Einblick in unsere socialen Ver­hältnisse sein; nicht nur, um ihre Herzen für das große Elend zu erweichen, das da oft herrscht; sondern um sie zu belehren, wie man die Ungerechtigkeit der Verhältnisse am besten durch Ausgleichung der Arbeit abhelfen könnte. Denn, wenn solche Verhältnisse noch länger fortdauern würden, ohne daß man auf ihre gründliche Abhilfe Bedacht nehmen wollte, müßten dieselben immer schlimmer.