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Die Milchwirthschaft.

man meinen sollte; wenn man dasselbe da und dort aufkauft und nicht selbst züchtet. Es ist stets mit Risiko verknüpft, eine Kuh aus­zuwählen, von deren früherem Gesundheitszustand und Geschichte man nichts weiß; denn es giebt keine untrügliche Zeichen für die Güte und Brauchbarkeit eines solchen Thieres. Eine rohe, knochige, schlecht­gebaute, unförmliche Kuh giebt oft vortreffliche Milch. Doch kom­men erfahrene Milchwirthschafter in gewissen Punkten überein, welche man bei dem Einkaufe zu beachten wohl thut. Ein kleiner, knochiger Kopf und leichte Hörner sind besser, als lange Beine; denn diese letzteren machen einen zu großen Zwischenraum zwischen Euter und Milcheimer; auch fressen solche Kühe nicht viel, sondern laufen mehr herum. Ebenso paßt ein dünner Hals eher, als ein dicker, ein gerader Rücken, weite Rippen und breites Brustgestelle sind gute Merkmale. Der Körper der Kuh sollte groß sein im Verhältniß zu Kopf, Hals und Beinen; obwohl nicht unförmlich. Auch wenn die Hintertheile unverhältnißmäßig groß sind, so deutet das auf gute, milchgebende Eigenschaften. Kühe von Mittelgröße erweisen sich, Alles in Betracht gezogen, als am besten milchgebend im Verhältniß des von ihnen verzehrten Futters. Die Farbe des Felles hat wahr­scheinlich nichts zu thun mit den milchgebenden Eigenschaften, und gutes Aussehen darf man beim Einkaufe für Milchwirthschaftszwecke nicht so sehr in Anschlag bringen. In Bezug auf die Hautfarbe soll doch das Hellgelb, welches sich der Goldfarbe der Münzen nähert, und Rahmfarbe innerhalb der Ohren sehr oft mit Rahm und guter Milch zusammengehen. Vor Allem muß man auf eine weiche, geschmeidige Haut sehen, die locker über die Rippen und den Rumpf geht. Das Euter sollte groß, weich, voll von Adern sein, welche sich daran ver­zweigen, mit vollen strotzenden Milchadern, die sich vorwärts längs des Bauches erstrecken. Die Zitzen sollten groß sein und nicht zu nahe aneinander stehen. Man untersuche auch das Temperament der Kuh und ziehe Erkundigung darüber ein. Mit reizbaren und ungestümen Kühen ist schlimm umzugehen und sie geben nie viel Milch. Man kann nach dem Blicke und den Bewegungen sich einiges Urtheil bil­den. Große milde Augen, leichte, ruhige Bewegung, wenn sie getrie­ben werden, und Mangel an Wildheit, wenn man mit ihnen umgeht, deuten auf ein gutes Temperament und lassen nicht nur auf gute, milchgebende Eigenschaften, sondern auch auf Leichtigkeit des Fett­werdens schließen, für jene Zeit, wo man sie, nachdem sie in der Milchwirthschaft ihre Schuldigkeit gethan haben, in Mast stellt.

Beim Betriebe der Milchwirthschaft ist natürlich vor Allem maßgebend, welche Absatzgelegenheit man für die gewonnenen Pro­dukte habe, um derselben eine gewinnbringende Richtung geben zu können. In der Nachbarschaft großer Städte ist es zunächst vor- theilhafter, die Milch in den Handel an diejenigen abzugeben, welche sich mit dem Absätze derselben befassen, frische Molken und Butter pro- duciren, sowie mit den Abgängen der Milch etwa Schweine mästen.