Die Schafzucht.
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Symbole, und die Kulturgeschichte verknüpft sein Bild mit den Sitten, Gebräuchen und Festen der Völker, und vereint es mit ihren höchsten Würden, Ehren und Attributen. Es glänzt hoch am Himmel als Sternbild (des Widders), es lebt in den Sagen der Griechen als ein Wunderthier (der Widder Chrysomallos) und dessen (goldenes) Vlies gab Anlaß zur der bekannten Dichtung vorn Argonau- tenzuge. Hohe symbolisch-poetische Bedeutung hatte das Schaf in den Religionsgebräuchcn der Juden und galt besonders als Brandopfer und als Osterlamm. Und von diesen entnahm das Christenthum es zur Verehrung des Heilands, als Bild der Sanftmuth und Geduld. Auch in der kirchlichen Kunst spielte seine Darstellung ebenfalls eine große Rolle.
Das Schaf ist unter den Wiederkäuern am meisten der Ziege verwandt. Von Natur aus ist es nur in der unteren Kinnlade mit Zähnen ausgestattet, von denen es 8 Schncidezähne mit zur Welt bringt. Zwischen 1 — 1H Jahren fallen die 2 mitteisten aus und werden durch Schaufelzähne ersetzt, und so geht eö fort mit dem Ausfallen der Schncidezähne und deren Ersatz bis zum 5. Jahre. Dieser Wechsel bestimmt die Einthcilung in Lämmer, Zwei-, Vierund Sechsschaiifler, Vollzahnige und Alte. Unter den Wiederkäuern ist das Schaf die schwächlichste und den meisten Krankheiten unterworfene Gattung.
Der Landwirth unterscheidet das Höhcnschaf, z. B. Merinos, mit kurzer, gekräuselter und seiner Wolle, und das Niederungsschaf mit meist grober, schlichter, langer Wolle, z. B. die Marschschafe, das ungarische Zackelschas, das gemeine deutsche Schaf, die Heideschnucke und das englische Leicester- und Southdown.
Der Nutzen, den die Schase gewähren, besteht vornehmlich in der Wolle, dem Fleische und dem Miste. Die Gedärme braucht man auch zu Saiten; die Felle entweder mit der Wolle zu Pelzen, oder gegerbt zu Pergament, Corduan und sämi>chem Leder. Aus dem Talg werden Lichter, aus den Klauen und Fußknochen Leim gefertigt, und in Ungarn verarbeitet man die Felle unmittelbar zur Kleidung, sowie die Milch von großer Wichtigkeit ist, namentlich als Grundlage der Verfertigung des Brimza-Käses.
Frauenarbeit ist auch in der Schafzucht mehrfach interessirt. Einmal, insofern Frauen Landwirthschaft treiben (siehe Art. 123, Seite 323 — 328). Auf der letzten Londoner Industrie-Ausstellung z. B. hatten sich drei Damen aus Oesterreich mit verschiedenen land- wirthschaftlichen Produkten betheiligt, und darunter auch mit Woll- vliefen: Gräfin Maria Blücher v. Wahlstadt, geb. Gräfin Larisch-Mönnich auf Radun bei Troppau in Schlesien; Gräfin Ru- dolphine v. Bellegarde, geb. Gräfin von Kinsky, Besitzerin des Gutes Groß-Herlitsch in Schlesien, und Freifrau Leopoldine Wid ermann, geb. Gräfin v. Sedlnitzky, Besitzerin der Güter Lodnitz und Stremplovitz in Schlesien. Zwei von denselben Damen finden wir