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Die Schafzucht.
auch auf der Pariser Ausstellung wiederum mit den feinsten Erzeugnissen der Schafzucht vertreten, nämlich Gräfin Bellegarde und Freifrau Widemann, sowie eine dritte Dame, Namens Anna Hirsch aus Olbersdorf.
Ferner sind Frauenspersonen bei der Schafschur beschäftigt. Wir finden dafür zwar keine besonderen Daten; aber es kann als allgemein angenommen werden, und in Sp amer's Buch der „Neuesten Erfindungen" rc. zeigt die dem betreffenden Aufsätze beigegebene Illustration dieses an. — Ob etwa Mädchen auch Schafe hüten, ist eine Frage. Mrs. Pcnny wenigstens läßt dies errathen, indem sie u. A. sagt, daß die Schäfersjungen in Schottland stricken, während sie die Schafe hüten, und die Meinung ausspricht (ohne jedoch Hiebei anzugeben, in welchem Lande Frauenspersonen die Schafe hüten?), „daß die Hirtinnen desgleichen thun könnten." — Unstreitig aber ist Frauenspersonen auch zum Theil die Pflege dieser Thiere im Winter übertragen, und müssen sie etwa auch beim Packen der gewonnenen Vliese helfen. — Jedenfalls aber sollten Töchter von Landwirthen und Gutsbesitzern Vergnügen daran finden, sich auch um das zu kümmern, was um sie herum vorgeht, wie wir schon S. 328 erwähnt haben. Interesse an der Landwirthschaft rc. zu nehmen, das bildet ja eben den echten Genuß des Landlebens und führt zur Erkenntniß der Natur und des vielfachen Nutzens, welchen sie in ihren vielerlei Gestaltungen den Menschen darbietet.
Arme Frauen endlich verdienen sich hie und da auch etwas Weniges» indem sie die Wolle sammeln, welche die Thiere an Dornen und Gesträuchen sitzen lassen, oder indem sie Lämmer erwerben und aufziehen, welche ohne Mutter herumirren und wozu sich kein Mutterschaf findet. — Man füttert solche Thierlein mit warmer, frischer Kuhmilch und kann sie dann entweder für Kinder als Lieblingsthicre verkaufen (aber die Kinder sollten artig sein und das Thier nicht zu sehr quälen, worauf besonders Mütter, Schwestern und Erzieherinnen sehen sollten), oder sie bringen als großgezogene Schafe einen besseren Erlös, als die gewöhnlich in der Heerde aufgewachsenen.
Nächst der Rindviehzucht ist die Schafzucht der wichtigste Theil der landwirthschastlichen Viehzucht. Einem Bocke theilt man 40 Schafe zu. Es giebt Züchter, die sich darauf verlegen, Schafböcke auszuleihen und damit schönes Geld verdienen. Wir lesen von einem Amerikaner, der jährlich 70 Schafböcke zu Preisen von K 35—200 pr. Jahr auslieh und schon volle K 1000 auf diese Weise von einem Einzigen Bocke lös'te.
Man hat zwei Lammzeiten: die Winter- und die Sommerlam- mung; erstere zwischen Mitte Februar bis Mitte März, und letztere im Juli und August. Die Sommerlammung verdient den Vorzug. Jedes Lamm muß gleich nach der Geburt mit seiner Mutter in einen besonderen Verschlag gebracht werden. Merkwürdig ist, daß das Schaf kein fremdes Junge leiden will; man muß demselben vielmehr