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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Schafzucht.

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das Fell des gestorbenen Lammes umbinden, und diese Täuschung erst macht es möglich, das Schaf an den Fremdling gewöhnen zu lernen. Nach zwei Monaten werden die Lämmer abgesetzt und das Absondern und Zusammenstellen derselben bildet den Uebergang zur Aufstellung der Heerde. Sie geschieht nach Geschlecht, Alter und Stärke der Thiere: Widder, Hammel und Muttertiere. Die Fütte- rung im Sommer geschieht fast nur auf der Weide. Die Winter­fütterung aber im Stalle, und besteht meist in Heu und Stroh. Viele Landwirthe sind der Meinung, daß Schafe während des Win­ters kein Wasser bedürfen. Aber gerade säuft kein anderes Thier mehr und mit mehr Lust; daher es zu seiner Gesundheit und seinem Wohl­befinden gehört, daß es so regelmäßig und vollständig damit versorgt werde, wie mit gutem Futter. Sehr zuträglich nicht nur, sondern unbedingt nothwendig ist den Schafen öftere Salzlccke. Ein deut­scher Landwirth, Namens Uebcracker, hat dieses bewiesen, indem er mehrfache Versuche anstellte mit Schafen, die er von den anderen trennte und denen er kein Salz gab. Alle starben in Folge des­sen. Um Schafe vor der sog.Drehkrankheit" zu bewahren, deren Veranlassung man Ungeziefer zuschreibt, das sich in die Nase der armen Thiere setzt und dasselbe quält, ohne daß es sich deren erweh­ren kann, empfiehlt man, daß man den Boden des Troges, worin man den Schafen Salz giebt, mit Theer bestreicht und darauf das Salz legt. Indem die Thiere nun letzteres begierig auflecken, be­schmieren sie ihre Nasenlöcher mit dem Theer, dessen starker Geruch bekanntlich alle Arten von Fliegen und andere Insekten wegscheut. Gegen eine andere Krankheit der Schafe, die Klauenfäule, ist schon S. 336 ein praktisches Vorbeugungsmittel angegeben: die Drainage der Schafweidcn, worauf wir hier nochmals aufmerksam machen wollten.

Alte, kranke, schwer lammende Thiere müssen stets aus der Heerde weggeschafft werden.

Die Wolle wird mittelst eigens geformter Schecrcn von den Thieren geschnitten (geschoren). Dieses Scheeren wird an den Thie­ren manchmal des Jahres zweimal, einmal, oder nur alle zwei Jahre vorgenommen. Am gewöhnlichsten und naturgemäßestcn ist die Ein- schur, welche in der Zeit von Mitte Mai bis Ende Juni statt­findet. Die zweischurrge Wolle unterscheidet sich in Winterwolle, die über Winter gewachsen ist, und in Sommerwolle, die über Som­mer entsteht. Die Wolle muß einer Waschung unterworfen werden, und zwar entweder vor der Schur auf dem lebenden Thiere, oder nach der Schur. Die erstere Art der Wäsche, die Pelzwäsche genannt, ist in den meisten Ländern Europa's noch gebräuchlich. Sie muß bei anhaltend warmer Witterung in weichem Wasser vorgenom­men werden, wobei man die Thiere untertaucht und tüchtig abreibt. In Frankreich und in Spanien geschieht die Wäsche nach der Schur, wodurch die Thiere geschont und ein hoher Grad der Reinheit erlangt