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Die Schafzucht.
wird. — In der That verdient auch die letztere Art der Wäsche den Vorzug. Für die Pelzwäsche sprechen nur die wenigen Vortheile, nämlich: daß die Schur leichter und schneller vorgenommen werden kann und daß die gewonnene Wolle um ein Drittheil besser bezahlt wird. Viel mehr Nachtheile dagegen sprechen zu Ungunsten dieser Verfahrungweise. An und für sich hassen die Schafe nichts so sehr, als — die Nässe in jeder Form. Nasse Weidegründe, nasse oder feuchte Ställe, triefende Hürden und mehr als alles dieses, nasse Vliese, sind ihnen ungemein zuwider und — machen sie krank. Wenn sie nun gewaschen werden und es tritt »»vermuthet schlechtes Wetter ein, so ist die unausbleibliche Folge davon, daß die Thiere sich erkälten, oder doch der Grund zu späteren Krankheiten gelegt wird. Das Risiko, welches daher der Schafzüchter bei der Pelzwäsche läuft, übersteigt schon aus diesem einzigen Grunde die verhältnißmäßig geringen Vortheile leichterer und schnellerer Schafschur und des um ein Dritttheil erhöhteren Erlöses aus gewaschener Wolle um das 10-, ja um das lOOfache! Dazu kommt noch, daß gerade oft bei günstiger Witterung die Leute zum Schafschuren nicht zu haben sind, — daß, da oft mehrere Heerden in Einen Teich zur Wäsche getrieben werden, Krankheiten von einer Hcerde zur anderen verpflanzt werden können u. s. w. Darum muß jeder einsichtsvolle Schafzüchter ähnliche Anstalten mit Freuden begrüßen und wohl benützen, wie sie sich bereits in Frankreich, z. B. zu Elboeuf, bewährt haben, wo das sowohl für die Menschen, wie für die Thiere Unangenehme der Schafwäsche, die ja ohnehin eine unvollkommene Procedur und mit so großem Risiko für den Schafzüchter verbunden ist, durch fabrikmäßige Wäsche der Wolle erspart wird. Die Landwirthe bringen die Wolle in die Anstalt, in welcher sie, und zwar uncntgeldlich gewaschen und entfettet wird, weil das von dieser Wollwäsche-Fabrik gewonnene Wollfett nicht nur die Kosten deckt, sondern auch erheblichen Gewinn abwirft. — Auch in Augsburg entzieht man der Wolle dieses Oel auf ähnliche Weise und verwendet es zur Beleuchtung der Spinnerei und der übrigen Fabrikgebäude. — Eben eine solche Wollwäsch - Fabrik (nach dem Muster der französischen) beabsichtigte man vor Jahren auch in Stettin zu errichten.
Was die Schafschur selbst anbetrifft, so soll sie nur bei warmer Witterung vorgenommen werden. „Dbr Mann — sagt ein amerikanisches Journal — welcher ein armes Schaf nackt hinaus- schickt in den kalten Wind, gegen den man oft sogar im Mai sich selbst durch Erwärmung der Wohnungen schützen muß: der verdiente, daß er im kältesten Winter auf gefrorenem Boden schlafen jollte, mit nichts zur Decke, als Schneestocken und Eiszapfen." — Um ein Schaf gut zu scheeren, erfordert es Uebung und Geduld. Jemand, der dabei Eile haben will, sollte das Scheeren unterlassen, „bis seine Eile vorüber ist"; denn er wird mehr am Schaf herummetzeln, als scheeren, oder läßt die Wolle in Haufen stehen, wie auf einem neugepflüg-