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Die Seidenzucht.
— Bemerkt mag hiebet sein, daß zur Seidenzucht nächst einer ausreichenden Anzahl von Bäumen nichts weiter, als ein besonders reinliches Zimmer mit einem leicht heizbaren, guten Ofen gehört. Hier legen die Schmetterlinge auf ausgebreiteten Leinwanddecken ihre zuerst weißen, später bläulichgrau werdenden Eier. — Uebrigens kann man die Seidenraupe auch im Wohnzimmer züchten; nur müssen sie, außer vor Kälte und übermäßiger Hitze, auch vor Staub, Nässe, Mäusen, Ratten, Spinnen und etwa frei herumfliegenden Stubenvögeln bewahrt werden. Ebenso können sie weder üble Gerüche, noch Geräusch ertragen. Die für ihr Gedeihen und besonders zum Entwickeln und Ausschlüpfen der Raupen aus den Eiern nöthige Wärme muß von einer für die eigentliche Ausbrütung nothwendigen höheren Temperatur all- mählig auf 18" U. ermäßigt und gleichmäßig bewahrt werden. Ebenso muß fortwährend eine gleichmäßige Lüftung und häufig eine Umlage- rung und gleichmäßige Vertheilung der Raupen auf den Lagerplätzen stattfinden.
4) Im Aufziehen der Raupen, was hauptsächlich darin besteht, die im Alter von nur 3—4 Tagen verschiedenen Thierchen durch eine entsprechende, eigens bemessene, ungleiche Fütterung auf eine gleiche Stufe der Entwicklung zu bringen, und dann für regelmäßige Fütterung, Reinlichkeit des Lagers und gehörige Wärme der Luft zu sorgen. — Die ganze Mühe, welche das Seidenraupenzüchten macht, besteht demnach eigentlich nur in der Fütterung der Raupen und währt nur 29—47 Tage. — Die Fütterung muß öfter und die Vertheilung der nach und nach gröber zu schneidenden Blätter unter ihnen gleichmäßig erfolgen, daß auch ihre Entwicklung ebenso vor- schreite. Mit jeder Altersstufe und zwischen den einzelnen Häutungen der Seidenraupen steigert sich deren Bedarf an Nahrung beträchtlich. Außerdem sind, wie schon gesagt, Reinlichkeit und die sorgfältigste Pflege und Ucberwachung unerläßliche Bedingungen.
5) In der Behandlung beim Einspinnen, wobei man ihnen zu bequemen und zweckmäßigen Betten Baumreifer, Rohrstengel, Ruthen, dürres Gesträuche u. dergl. auf den Boden oder auf Gestellen zurechtlegen muß, später dann einsammelt und in die Spinnbetten vertheilt, kurz Alles bereitet, daß sie sich ruhig einspinnen können. — Denn fühlt die glatte, weißlich glänzende Raupe, welche verschiedene dunkle Flecken und auf dem letzten Ringe ein Horn hat, daß die Zeit ihres 6—7 Wochen langen Lebens vorbei ist, so wird sie unruhig und läuft hin und her und haspelt dabei einen klebrigen, in der Luft rasch erhärtenden Faden hervor, den sie mit den Vorderfüßen, wie schon erwähnt, um sich wickelt. Den ersten Tag macht sie nur ein unregelmäßiges Gewebe, eine Art Unterfutter, über welches sie ein Zickzack mit strafferen Fäden spinnt, bis nach 7—8 Tagen ein ovaler Schlauch von der Größe eines Taubeneies fertig ist, den man Cocon nennt, der das Thier verbirgt, und aus dem der Schmetterling nach 2—3 Wochen hervorbricht.