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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Seidenzucht.

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sield besonders der Einführung des Ailantus--SeidenwurmS große Aufmerksamkeit geschenkt. Dieser Wurm stammt ebenfalls aus China, lebt aber im Freien auf einer Pflanze, dem Ailantusbaume, und liefert zweimal des Jahres die Ernte eines sehr starken, seidenähn- lichen Fadens, aus welchem schon seit langer Zeit in China Kleider für die große Masse des Volkes gefertigt wurden. Auch in Frank­reich hat man damit schon Versuche angestellt, ob sich dieser Stoff nicht als Substitut für Baumwolle im Großen produciren und ver­arbeiten lasse.

Von außereuropäischen Ländern, welche die meiste Seide produ­ciren, ist China oben an und hat dasselbe 186l allein über 7 Mill. Pfund Seide nach England erportirt. Seine Gesammtproduction konnte bis auf den heutigen Tag nur annähernd geschätzt werden; Japan, das so viel Seide erzeugt, als Italien und Spanien zu­sammen, oder das Doppelte, was Frankreich erzeugt; Bengalen, aus welchem England i. I. 1861 nahezu an 1 Mill. Pfund Seide bezog u. s. w.

Was endlich die Ver. Staaten von Amerika betrifft, so wird hie und da zwar in den älteren Staaten etwas Seidenzucht getrie­ben, aber ohne sichtlichen Erfolg. Im Jahre 1836 zwar hatte das Seidenzuchtfieber im ganzen Lande grassirt, und ein Jeder wollte so schnell als möglich durch die Seidenzucht ein Millionär werden. Da dies aber so leicht nicht ging, ließ man die Sache ebenso hastig wieder fahren, als man sie erst erfaßt hatte. Um die einheimische Seidenzucht dortselbst zu ermöglichen, glaubte man in der Folge auf die Einfuhr von Rohseide einen hohen Zoll legen zu müssen; hat aber durch diese verkehrte Maßregel zugleich auf der anderen Seite der Seidenwaarenfabrikation so ziemlich das Lebenslicht ausgeblasen, ohne nur erst den wahren Ursachen dessen nachzuspüren, warum bis jetzt die Seidenzucht keinen günstigen Boden zu gewinnen im Stande war. Es hat sich nämlich ergeben, daß der Anbau des Maulbeer- baumes in den Ver. Staaten sowohl, wie die Zucht der Seiden­raupe im amerikanischen Clima ganz vorzüglich gedeihe; ja, die ge­wonnene Seide war, trotz der unvollkommenen Einrichtungen und Werkzeuge, und trotz des Mangels von Erfahrung, von guter Qua­lität. Eine Dame im Jefferson County des Staates Jndiana führte den handgreiflichen Beweis der Möglichkeit der Seidenzucht in Ame­rika, indem sie sich ein Seidenkleid fertigte und trug, dessen Material sie aus den Cocons selbst gezogen und gewonnen hatte. Nur Eines fehlt in Amerika, und das ist es kann mit der alten Welt wegen der Billigkeit des Arbeitslohnes nicht concurriren, oder besser gesagt man versteht noch nicht, die in den großen Städten der Union disponiblen Arbeitskräfte von Taufend und aber Tausenden dem Elende und dem Untergänge verfallenden weiblichen Wesen, sich nutzbar zu machen. Amerika bezieht seinen Bedarf an Seide größtentheils aus China. Die Seide,