Der Futterbau.
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bedürfen der Abwechslung zwischen Körnern, Blättern, Halmen und Gräsern verschiedener Art. Deshalb ist auch der Futterbau von so großer Wichtigkeit. Derselbe hat den Ackerbau selbstständig gemacht und von der Herrschaft der Wiesen befreit. Er hat sich nach und nach einen überwiegenden Theil des Feldareals erobert, ohne den Körnerertrag zu schmälern; denn er entnimmt vom Boden meist solche Stoffe, welche die Cerealien sich nicht aneignen wollen. Außerdem bereichern die Futterpflanzen den Boden durch Wurzeln und Blätterabfall, durch Anziehung atmosphärischer Stoffe rc. Und die ungeheuren Erfolge des englischen Landwirthes beruhen gerade auf der die Wechselwirthschaft bedingenden Praxis des Futterbaues. Denn ein und dieselbe Bestellung saugt ein Feld bald aus, wenn nicht auf niedrigem sehr fruchtbaren Lande; und nur die Wechselwirthschaft ist im Stande, die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhalten.
Gräser und Kleearten sind die wichtigsten Futterproducte des Bodens; jene werden, und zwar in zwanzig und mehr Grasarten, bunt durcheinander gemischt, meistens auf unseren Wiesen gebaut; diese gehören dem eigentlichen Feldbaue an.
„Wenn die Getreidcarten dem rechnenden Landwirthe sehr oft in erster Reihe stehen (sagt Spamer's Buch), so haben dagegen für das empfängliche Gemüth gerade die hier genannten Erzeugnisse eine ästhetische Bedeutung. Die Heuernte ist die lieblichste Beschäftigung unter allen landwirthschaftlichen Verrichtungen. Wenn am stillen Abende die Sense gedengelt wird, und am anderen Morgen früh vor Sonnenaufgang die Mäher hinausziehen, ehe der Thau abgeleckt ist, der die Halme mit Saft schwellt und sie stramm und gerade emporrichtet; und wenn dann später die lachende Schaar der Mägde erscheint, die reihenweis liegenden Schwaden zu wenden, und bin- und herwandclnd mit ihren Rechen das duftende Gras auszubreiten, damit es rasch trockne, — hast du diese Freude nie genossen? Und dann am Abend werden große Haufen gebildet, welche der Thau nicht durchnässen kann; aber am anderen Morgen werden die Nester wieder zerschlagen, Luft und Sonne arbeiten mit, und die ganze Herrlichkeit wird schließlich auf großen Wagen heimgefahren in die weite Scheune."
„Aber — heißt es weiter — die Poesie verkriecht sich auch hier in die Winkel; die Maschine nimmt den singenden Mädchen den Rechen aus der Hand; denn ein Knecht vermag an einer Heuwend- maschine mit Kraft eines Pferdes mehr zu schaffen, als 20 wenn auch noch so rüstige Arme."
Doch, fügen wir hinzu, wird noch viel Zeit dahingehen, bis die Maschine allenthalben Eingang finden wird. Und bis diese Zeit kommt, ist den dieser Arbeit entledigten Mädchen eine andere, eine die ländliche Hausindustrie betreffende Beschäftigung angewiesen. Dem Landwirthe wird die Maschine aber mehr praktischen Werth bieten, als ihm an der poetischen Auffassung der Heuernte liegt.