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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Lein- oder Flachsbau.

Wasserröste, wobei die Leinstengel, mit Steinen beschwert, in fließen­des Wasser gelegt werden, und eine Thau- oder Luftröste, wobei sie aus freiem Felde, der Witterung ausgesetzt, ausgebreitet werden. Da aber die Wasserröste oft mißlingt, und die Thau - oder Luftröste zu viel Zeit braucht, wendet man beide Röstarten in gewissem Maße nacheinander au, und werden die Leinstengel zuletzt an der Sonne oder in geheizten Räumen scharf getrocknet odergedarrt". In Ge­birgsgegenden ist die Wasserröste unsicher wegen des härteren und kälteren Wassers; dagegen die Thauröste, häufiger Niederschlüge wegen, sicherer. Auf dem flachen Lande dagegen ist es umgekehrt. Vor dem Rösten sollten die Leinstengel jedoch nach ihrer verschiedenen Länge und Dicke, sowie nach dem Grade ihrer Reife, welche dieselben erlangt haben, sortirt werden. Durch diese Operation gerathen jedoch die Leinstengcl in Verwirrung und müssen vor Allem gleichgezogen wer­den, indem man sie Handvollweise durch einen hölzernen Kamm zieht und die Hiebei abfallenden Stengel gleich legt. Um die Fasern nun von den holzigen Theilen zu trennen, werden die Stengel ge­klopft, gebrochen und geschwungen. Das Klopfen geschieht mittelst hölzerner Schlägel auf harter Unterlage, und wird öfters auch durch Stampfen im Großen ersetzt. In England wandte man früher hie- zu einen vom Wasser getriebenen Hammer an, unter welchen der Flachs auf einen harten und glatten Stein gelegt ward. Und in den Niederlanden klopfte man den Flachs mittelst des sog. Bothammers, ein auf der unteren Fläche mit dreieckigen, 56 Linien tiefen Ker­ben versehenes, in einem langen krummen Stiele sitzendes Holzstück. Zum Brechen dient die Flachsbrechel, eine Vorrichtung, die aus zwei doppelt messerförmig gestalteten, an einem Charniere gegen ein­ander beweglichen Hölzern besteht. In dieser Breche! werden die Stengel vielfältig zerknickt; die holzigen, spröden Theile der Stengel zerbrechen dabei und fallen als Schebcn (Acheln) ab, oder bleiben nur lose hängen. Die Arbeiterin faßt mit der Linken eine Hand voll Flachs, legt denselben quer über die Lade und zerdrückt ihn durch wiederholtes Niederstoßen des Deckels, wobei das Büschel allmählig immer weiter aus der Breche gezogen wird. Das Brechen ist eine sehr anstrengende Arbeit. Man hat daher auch schon Flachsbrech- maschinen construirt; aber die alte Handbreche behauptet sich densel­ben gegenüber noch immer. Nach dem Brechen muß der Flachs zur endlichen vollkommenen Entfernung der Holztheilchen erst noch geribbt oder geschwungen werden. Beim Ribben sitzt die Arbeiterin, den Ribblappen, ein dickes Stück weißgahren Leders auf den Knieen und darauf ein Büschel Flachs, den sie um die Finger der linken Hand schlingt, und in der Mitte seiner Länge festhält, während die Rechte mit dem Ribbmeffer, einem hölzernen, schwertförmigen Messer, kräftig ausstreichend arbeitet. Das Schwingen geschieht aber am Schwingstocke, einem Brette mit einem Einschnitte an der Seite, in den man eine Hand voll Flachs so einlegt, daß er zur Hälfte längs