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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Zuckerbau.

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140. Der Znckerbau. Zu den wichtigsten unserer Nahrungs­mittel gehören die Versüßungsmittel der Speisen und Getränke. Unter denselben nehmen aber die Zuckerarten die erste Stelle ein, und obwohl dieselben, strenge genommen, mehr zu den Genüssen, als zu den Bedürfnissen gerechnet werden müssen, so sind sie doch fast ganz unentbehrliche Lebensbedürfnisse geworden. Der Zucker ist ein Product der neueren Zeit. Denn in alten Zeiten mußte der Honig, wenn auch in unzureichender Art und Weise, zu dem Zwecke dienen, welchen jetzt der Zucker erfüllt. Die Eingeborenen Indiens scheinen jedoch denselben schon früher gekannt zu haben, jedenfalls aber die Chinesen seit undenklicher Vorzeit; denn das WortZucker" stammt ja sogar aus dem Sanskrit. Der Zucker wird nunmehr in vie­len Millionen Centnern verbraucht, und Millionen Menschen beschäf­tigen sich mit der Herstellung desselben. Wir unterscheiden folgende drei Hauptarten von Zucker: den Rohr-, Rüben- und Ahornzucker.

Das Zuckerrohr bringen nur heiße Himmelsstriche, die Gegen­den zwischen den Wendekreisen, sowohl der alten wie der neuen Welt hervor. Es ist aber ein Kind der Alten Welt und wahrscheinlich im östlichen Asien seine Heimath zu suchen. Von Asien kam es nach Cypern. Die Araber brachten im Anfange des 12. Jahrhunderts das Zuckerrohr nach Egypten, Malta und Sicilien. Im 15. Jahr­hundert kam es nach Madeira und den übrigen Kanarischen Inseln, welche vor der Entdeckung von Amerika ganz Europa mit Zucker ver­sorgten; von hier schreibt sich auch der NameKanarienzucker", mit welchem man die feinste Sorte bezeichnete. Nach Amerika ist es kurz nach der Entdeckung dieses Welttheils gekommen. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts wurde es von Brasilien nach Barbados ver­pflanzt, und von hier verbreitete sich sein Anbau rasch über alle westindischen Besitzungen Englands, die spanischen Distrikte, Mexiko, Peru, Chile und endlich über die französischen, holländischen und dänischen Colonien. Jetzt liefert Wcstindien das meiste Zuckerrohr. Man pflanzt es dort in den sog. Znckerplantagen vor der Regenzeit in einem leichten Boden, und es blüht im November und December.

Das Zuckerrohr hat einen stattlichen Wuchs; es gehört aber seiner Natur nach zu den Gräsern. Die Blätter sind gerade wie Schilfblätter geformt, 34 Fuß lang, und entspringen aus den Knoten des Rohrs, das sie ganz umgeben. In dem Maaße aber, wie das Rohr wächst, fallen auch die unteren Blätter jedesmal ab. Nach den ersten 45 Monaten kommt gewöhnlich ein neuer Knoten und ein neues Blatt, und im 12. Monate erhebt sich der mehrere Fuß hohe Blüthenschaft, an dessen Spitze die Blüthe erscheint. In den fruchtbarsten Gegenden wird das Zuckerrohr wohl 20 Fuß hoch, und der Stamm, welcher unten bis zu 2 Zoll dick wird, hat über 20 Pfd. an Gewicht. Der reife Stamm ist das eigentlich Nutzbare der Pflanze. Er enthält nur bis zu einer gewissen Höhe hinauf Zucker. Gipfel und Blätter enthalten zwar viel Saft, aber keinen süßen.