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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Tabaksbau.

sie vor einigen Jahren die Baumwollnoth hervorgerufen hatte. Der ungeheure und fortwährend im Zunehmen begriffene Verbrauch des Tabaks hat längst seine Erzeugung als einen der wichtigsten Zweige landwirthschaftlicher Thätigkeit in den Vordergrund gestellt. Als ein über die ganze Welt verbreitetes Bedürfniß findet der Genuß des Ta­baks in mannigfaltigen Formen (als Rauch-, Schnupf- und Kautabak) statt. Und unter den Handelsartikeln, welche Europa mit den über­seeischen Ländern in Verbindung setzen, nimmt er dem Werthe nach die fünfte Stelle ein. Er wird an Wichtigkeit nur von Baumwolle, Kaffee, Zucker und Thee übertroffen. Nach der Aufstellung eines englischen Blattes beträgt die jährliche Tabaksproduction auf der ganzen Erde 432,500,000 Kilogramm, und zwar Asien producirt hiervon 155, Europa 141, Amerika 124, Afrika 12 und Australien 4 Mill. Kilogr.

Botanisch unterscheidet man wenigstens 21 Sorten Tabak; ge­wöhnlich aber gelten zwei Hauptarten, nämlich: der virginische Tabak mit großen, lanzettförmigen Blättern, und der Bauern- Tabak mit ovalen, stumpfen Blättern. Die letztere, aus Südamerika stammende Gattung wird besonders in Deutschland angebaut.

Ungeachtet man noch vor 200 Jahren in Europa die strengsten und wunderlichsten Verordnungen der Einführung des Tabaks entge­genstellte, so hat er sich dennoch zu steigender Verbreitung erhoben. Elisabeth von England verbot das Schnupfen in der Kirche bei Con- fiskation der Dosen, und Jakob 1. schrieb sogar eigenhändig ein Werk gegen den Tabak, seinenMisokapnos", legte eine hohe Steuer auf dies Product und verbot den virginischen Tabakspflanzern, daß jeder mehr als 100 Pfd. jährlich baue. Papst Urban VIII. erließ gegen den Tabaksgebrauch sogar (1624) seinen Bannfluch. In Rußland wurde den Rauchern die Nase abgeschnitten und im Oriente ihnen die Nase durchstochen. Der Kanton Bern fügte den 10 Geboten noch das zu:Du sollst nicht rauchen." Die Raucher wurden von den Schriftstellern verhöhnt, von den Kanzeln herunter verdammt. Aber Alles umsonst. Kaum Ein Staat dürfte gefunden werden, welcher nicht in seinem Strafgesctzbuche aus jener Zeit irgend welche Tabaksverbote auszuweisen hätte. Man wurde aber schließlich doch so klug, es wie Jakob I. zu machen, und die Strafen in eine Geld­buße umzuwandeln, aus welcher denn allmählig ganz regelrechte, und oft sehr hohe Steuern wurden.

Die Tabakspflanzc gedeiht zwar am besten in der heißen Zone, wird jedoch auch in mehreren Landern des südlichen und mittleren Europa'S gebaut, wo zwar Tabak in geringerer Qualität, aber in großer Menge und wohlfeil gewonnen wird. Rücksichtlich der feine­ren Sorten ist Europa von der Production Amerikas abhängig und bezahlt diese Abhängigkeit mit ungeheuren, von Jahr zu Jahr stei­genden Summen. Die Pfalz in Deutschland, Holland, Ungarn, wel­ches letztere den Tabak aus dem Orient holen mußte, da der von