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Der Tabaksbau.
Und der Varinas, wer kennte ihn nicht? Er ist ein süd- amerikanisches Kind und wird in der Provinz gleichen Namens gepflanzt; der starkblättrige Tabak vom Orinoco sowohl, als das hellbraune leichte Kraut von Cumana, oder die Tabake von Lagern yra und Curacao können keine Concurrenz mit ihm bestehen. Ebenso wenig der brasilianische Tabak, obwohl sich dieser seines großen Blattes und seines herrlichen Aroma's wegen einer hohen Veredlung fähig zeigt.
Das eigentliche Tabaksland aber sind die Westindischen Inseln und unter ihnen vorzüglich Cuba. Hier wächst das edelste Kraut und es erfährt eine Achtung, wie man z. B. in Ungarn der Rebe von Tokay oder am Rhein der Johannisberger Traube nur zollt. Die Tabakspflanzungen, Vegas, liegen sämmtlich in Flußthälern und werden während der Sommermonate täglich durch heftige Regengüsse unter Wasser gesetzt. Hierhin versetzt man aus den höher gelegenen Pflanzenbeetcn, Semilleros, die jungen Stauden, nach dem ersten Monate der trockenen Jahreszeit, die mit dem September beginnt. Im Januar ist der Tabak theilweise schon zum Schnitte reif. Die Ernte dehnt sich aber, wie bei uns, länger aus, und ist hänfig erst mit dem März beendet. — Was der passionirte Raucher nur immer Schönes im Dufte einer Havannacigarre erträumen mag, verdankt er dieser Landschaft. Hier wird die Regalia (von regulär, schenken) dem fremden Gast aus freier Hand gedreht, als das beste, womit man ihn bewirthen kann.
Was nun die quantitative Erzeugung des Tabaks anbelangt, so producirte 1860 Nordamerika 195,000 Ophoft, im Werthe von 10 Mill. Doll. Louisville (Ky.) ist der größte Tabaksmarkt der Welt, und i. I. 1845 wurden daselbst 163,322 Oxhoft Tabak zu 20 Mill. Dollars verkauft. — Im Zollverein ist der Hauptsitz der Tabakscultur die bayerische Pfalz und die daran grenzenden Distrikte von Hessen und Baden. Weniger bedeutend ist der Tabaksbau in einigen anderen Gegenden Bayerns, in Würtemberg, Preußen und Sachsen. Nach dem Berichte des Centralbureaus des Zollvereins hatte Baden 1866 eine Tabaksproduction von 300,282, Bayern 166,249, Wür- temberg 8450, Großherzogthum Hessen 41,087, die alten Landestheile von Preußen 197,245, die neueren preußischen Provinzen 33,067, die mit Preußen in engem Verbände stehenden Lander 11,622, der thüring. Verein 8110 und Braunschweig 13 Centner. — Auch die Schweiz hat einigen Tabaksbau.
In Oesterreich und in Frankreich ist die Tabaksproduction ein Regierungsmonopol. Denn der Anbau des Tabaks bedarf in diesen Ländern einer obrigkeitlichen Bewilligung. Auch der Kirchenstaat bezieht aus dem Tabak eine namhafte Steuer. England bezog 1861 aus derselben 28 Mill. und die französische Regierung 36 Mill. Doll., meistens aber vom amerikanischen Produkte. Auch in Deutschland beabsichtigt man eine solche Steuer einzuführen und die Tabaks-