430
Der Garten.
Weinrebe zu schenken, die es als Anfang seines häuslichen Lebens sich pflanzen sollte. Ist dies nicht ein schöner Gedanke! — Der gute Herr, er hat nicht blos seine Freude am Aufziehen schöner Trauben, die er in einer großen Menge besitzt, sondern auch daran, seinen Gemeindeangehörigen das Vergnügen zu verschaffen, daß eine üppige Rebe ihre Laube oder Hausthüre umranke. Ist diese Gabe nicht viel sinniger, als die gewöhnlichen Hochzeitsgeschenke, die man zu geben pflegt? —
Aber nicht blos dem Landbewohner dient der Gartenbau, auch dem Bewohner der Städte, dem Arbeiter, und ihm vielleicht noch mehr, als jenem. Ein kleiner Garten oder wohl gepflegte Zimmerblumen, diese Dinge werfen, man glaube es nur, manchen erwärmenden Sonnenstrahl in das Herz der Menschen, die um ihr tägliches Brod hart kämpfen müssen, wo nicht gar mit der Ungunst der Verhältnisse zu ringen haben. Und wer kein Gärtchen, oder nicht einmal einen Blumentopf hat, der sollte sich dazu entschließen, den Anfang im Kleinen mit etwas Billigem und Gewöhnlichen zu machen, um dann auf das Seltene und Bessere allmählig überzugehen. Die Freude, welche dies schafft, ist gewiß lohnend.
In der Nähe von Städten, ja sogar innerhalb derselben, liegen oft Strecken unbenutzten Landes, um welche es schade ist, daß sie nicht zum Gartenbau, wenn auch nur vorübergehend (wie z. B. bei Bauplätzen) verwendet werden. Und wie manches Fleckchen Boden ist hinter städtischen Wohnhäusern unbeachtet belegen, das doch zu einem schönen, heimischen, erquickenden und nützlichen Platze umge- schaffen werden könnte. Aus dem kleinsten Raume läßt sich etwas machen und gärtcln, sagt ein Amerikaner, der vom Lande, wo er fast unabsehbare Gründe besessen hatte, zur Stadt zog und nun hinter seinem Hause nicht mehr Boden zur Verfügung hatte, als man mit einigen Betttüchern zu bedecken vermochte; denn er machte daraus das schönste und lauschigste Plätzchen seines Besitzes und sagte, nicht ohne jene unverwüstliche Laune, welche dem Jankee in allen Lagen des Lebens so bereitwillig zu Gebote steht: „Ich glaubte nickt, daß ich mich je auf einen so kleinen Garten würde beschränken müssen; aber wenn er selbst bis auf den Umfang einer Kcrzenkiste zusammenschrumpfen würde, vermöchte ich, glaube ich, etwas daraus zu machen und mir Vergnügen zu ziehen, so viel eben möglich wäre."
Ja wohl, Arbeiter, Kaufleute und Geschäftsleute, Gelehrte u. s. w. könnten viel von dem ländlichen Vergnügen genießen, von welchem man annimmt, daß es nur dem Landbewohner zugänglich sei, wenn sie nur die kleinen Strecken Bodens, die ihnen etwa zur Verfügung stehen, recht zum Gartenbau benützen wollten. Und hiebei sind es wieder die Frauen, sind es die Töchter, welche am ehesten die Anregung geben und sich gleich selbst daran betheiligcn könnten, indem sie mit Gemüse- und Blumenzucht, der Pflege des Obstes und der Beeren sich dem Hausvater anschließen wollten. — Der „^merie. ^xrie."