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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Garten.

Weinrebe zu schenken, die es als Anfang seines häuslichen Lebens sich pflanzen sollte. Ist dies nicht ein schöner Gedanke! Der gute Herr, er hat nicht blos seine Freude am Aufziehen schöner Trau­ben, die er in einer großen Menge besitzt, sondern auch daran, sei­nen Gemeindeangehörigen das Vergnügen zu verschaffen, daß eine üppige Rebe ihre Laube oder Hausthüre umranke. Ist diese Gabe nicht viel sinniger, als die gewöhnlichen Hochzeitsgeschenke, die man zu geben pflegt?

Aber nicht blos dem Landbewohner dient der Gartenbau, auch dem Bewohner der Städte, dem Arbeiter, und ihm vielleicht noch mehr, als jenem. Ein kleiner Garten oder wohl gepflegte Zimmer­blumen, diese Dinge werfen, man glaube es nur, manchen erwärmen­den Sonnenstrahl in das Herz der Menschen, die um ihr tägliches Brod hart kämpfen müssen, wo nicht gar mit der Ungunst der Ver­hältnisse zu ringen haben. Und wer kein Gärtchen, oder nicht ein­mal einen Blumentopf hat, der sollte sich dazu entschließen, den An­fang im Kleinen mit etwas Billigem und Gewöhnlichen zu machen, um dann auf das Seltene und Bessere allmählig überzugehen. Die Freude, welche dies schafft, ist gewiß lohnend.

In der Nähe von Städten, ja sogar innerhalb derselben, liegen oft Strecken unbenutzten Landes, um welche es schade ist, daß sie nicht zum Gartenbau, wenn auch nur vorübergehend (wie z. B. bei Bauplätzen) verwendet werden. Und wie manches Fleckchen Boden ist hinter städtischen Wohnhäusern unbeachtet belegen, das doch zu einem schönen, heimischen, erquickenden und nützlichen Platze umge- schaffen werden könnte. Aus dem kleinsten Raume läßt sich etwas machen und gärtcln, sagt ein Amerikaner, der vom Lande, wo er fast unabsehbare Gründe besessen hatte, zur Stadt zog und nun hin­ter seinem Hause nicht mehr Boden zur Verfügung hatte, als man mit einigen Betttüchern zu bedecken vermochte; denn er machte daraus das schönste und lauschigste Plätzchen seines Besitzes und sagte, nicht ohne jene unverwüstliche Laune, welche dem Jankee in allen Lagen des Lebens so bereitwillig zu Gebote steht:Ich glaubte nickt, daß ich mich je auf einen so kleinen Garten würde beschränken müssen; aber wenn er selbst bis auf den Umfang einer Kcrzenkiste zusammen­schrumpfen würde, vermöchte ich, glaube ich, etwas daraus zu ma­chen und mir Vergnügen zu ziehen, so viel eben möglich wäre."

Ja wohl, Arbeiter, Kaufleute und Geschäftsleute, Gelehrte u. s. w. könnten viel von dem ländlichen Vergnügen genießen, von welchem man annimmt, daß es nur dem Landbewohner zugänglich sei, wenn sie nur die kleinen Strecken Bodens, die ihnen etwa zur Verfügung stehen, recht zum Gartenbau benützen wollten. Und hiebei sind es wie­der die Frauen, sind es die Töchter, welche am ehesten die Anregung geben und sich gleich selbst daran betheiligcn könnten, indem sie mit Gemüse- und Blumenzucht, der Pflege des Obstes und der Beeren sich dem Hausvater anschließen wollten. Der^merie. ^xrie."