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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Gemüse- oder Küchengarten.

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haushälterisch zu benutzen verstehen. In vielen Gegenden Süddeutsch­lands und der Schweiz besteht der löbliche Brauch, Gemeindegründe an die Ortsbewohner für ein billiges zu verpachten, aus denen sie sich Gemüse zum eigenen Bedarfe ziehen können. Im Herbste ist es eine wahre Freude, die rührigen Frauen mit ihren Kindern bei der Einheimsung der selbstgezogenen Früchte und Produkte zu sehen, wel­che ihrem Hausbedarf geltend, sowohl viel Ersparniß, als auch man­chen bescheidenen Genuß bieten, der auf andere Weise dem Arbeiter oder Handwerker sonst unzugänglich ist. Nur eines muß betrü­bend berühren, daß gerade die Aermsten, wenn ihnen, wie erwähnt, Gelegenheit geboten ist, ein Fleckchen Erde für sich anzubauen, in der Wahl der Früchte unbedingt nur den Kartoffeln den Vorzug ge­ben, und nur immer den Kartoffeln Kartoffeln! Wohl mag da nur die Belehrung fehlen, daß die Leute den Platz ökonomischer zu benutzen verständen. Und Niemand mag ihnen diese Beleh­rung geben, die doch so nothwendig und von nicht zu unterschätzen­der Bedeutung wäre. Selbst eifrige Küchengärtnerinnen, denen ein "kleinerer oder größerer Garten zu Gebote steht, wissen sich nicht über das Hergebrachte und Gewöhnliche zu erheben und staunen kopf­schüttelnd, mißbilligend und mißtrauisch die Versuche an, welche etwas Neues bringen. Nochmals gesagt, wie noth thäte da Belehrung und Aufklärung, die aber gemeinverständlich sein müßte! Der Raum unseres Werkes vergönnt nicht weiter, als die bekannteren Gemüse- arten nur oberflächlich aufzuzählen und durch kurze Bemerkungen auf deren Werth aufmerksam zu machen. Gleichwohl aber müssen wir nochmals besonders hervorheben, daß es für Frauen und Töchter ja doch keine schönere und lohnendere Beschäftigung, Nebenbeschäfti­gung oder Erholung giebt, als den Gartenbau, und daß es ein gro­ßer Mißstand ist, daß allbekannt bis auf den heutigen Tag der Gar­tenbau vom Fraucngcschlechte vcrhältnißmäßig noch sehr vernachlässigt wird, und daß manches weibliche Wesen in der Ausbeutung eines Fleckchen Bodens einen lohnenderen und gesünderen Erwerb finden würde, als mit sog.feinen weiblichen Handarbeiten", die, damit sie nurheimlich" gethan werden können und die zarten Hände nicht rauh machen, Augenlicht und Gesundheit als Opfer des Götzen der Eitelkeit und falscher Sckam (vor Arbeit) u. s. w. fordern. Wie manche pcnsionirte Beamten- oder Officierswittwe z. B. würde besser thun, dem kostspieligen Stadtleben den Rücken zu kehren und auf dem Lande ein Stückchen Erde zu kaufen oder zu pachten, das sie mit ihren Töchtern bepflanzen und pflegen möchte, als Doch der Rath, wird er nicht mit Nasenriimpfen angehört wer­den? Wenden wir uns darum mit einigen belehrenden Winken und Bemerkungen an diejenigen, welche sich nicht schämen, die stärkende und erheiternde Arbeit des Gartenbaues vorzunehmen, und lassen wir die hauptsächlichen Produkte, vorerst des Küchengartens, eine kurze Revue passiren.