Der Gemüse- oder Küchengarten.
437
haushälterisch zu benutzen verstehen. In vielen Gegenden Süddeutschlands und der Schweiz besteht der löbliche Brauch, Gemeindegründe an die Ortsbewohner für ein billiges zu verpachten, aus denen sie sich Gemüse zum eigenen Bedarfe ziehen können. Im Herbste ist es eine wahre Freude, die rührigen Frauen mit ihren Kindern bei der Einheimsung der selbstgezogenen Früchte und Produkte zu sehen, welche ihrem Hausbedarf geltend, sowohl viel Ersparniß, als auch manchen bescheidenen Genuß bieten, der auf andere Weise dem Arbeiter oder Handwerker sonst unzugänglich ist. — Nur eines muß betrübend berühren, daß gerade die Aermsten, wenn ihnen, wie erwähnt, Gelegenheit geboten ist, ein Fleckchen Erde für sich anzubauen, in der Wahl der Früchte unbedingt nur — den Kartoffeln den Vorzug geben, und nur immer den Kartoffeln — Kartoffeln! — Wohl mag da nur die Belehrung fehlen, daß die Leute den Platz ökonomischer zu benutzen verständen. Und — Niemand mag ihnen diese Belehrung geben, die doch so nothwendig und von nicht zu unterschätzender Bedeutung wäre. Selbst eifrige Küchengärtnerinnen, denen ein "kleinerer oder größerer Garten zu Gebote steht, wissen sich nicht über das Hergebrachte und Gewöhnliche zu erheben und staunen kopfschüttelnd, mißbilligend und mißtrauisch die Versuche an, welche etwas Neues bringen. Nochmals gesagt, wie noth thäte da Belehrung und Aufklärung, die aber gemeinverständlich sein müßte! — Der Raum unseres Werkes vergönnt nicht weiter, als die bekannteren Gemüse- arten nur oberflächlich aufzuzählen und durch kurze Bemerkungen auf deren Werth aufmerksam zu machen. Gleichwohl aber müssen wir nochmals besonders hervorheben, daß es für Frauen und Töchter ja doch keine schönere und lohnendere Beschäftigung, Nebenbeschäftigung oder Erholung giebt, als den Gartenbau, und daß es ein großer Mißstand ist, daß allbekannt bis auf den heutigen Tag der Gartenbau vom Fraucngcschlechte vcrhältnißmäßig noch sehr vernachlässigt wird, und daß manches weibliche Wesen in der Ausbeutung eines Fleckchen Bodens einen lohnenderen und gesünderen Erwerb finden würde, als mit sog. „feinen weiblichen Handarbeiten", die, damit sie nur „heimlich" gethan werden können und die zarten Hände nicht rauh machen, Augenlicht und Gesundheit als Opfer des Götzen der Eitelkeit und falscher Sckam (vor Arbeit) u. s. w. fordern. — Wie manche pcnsionirte Beamten- oder Officierswittwe z. B. würde besser thun, dem kostspieligen Stadtleben den Rücken zu kehren und auf dem Lande ein Stückchen Erde zu kaufen oder zu pachten, das sie mit ihren Töchtern bepflanzen und pflegen möchte, als — — — Doch der Rath, — wird er nicht mit Nasenriimpfen angehört werden? — Wenden wir uns darum mit einigen belehrenden Winken und Bemerkungen an diejenigen, welche sich nicht schämen, die stärkende und erheiternde Arbeit des Gartenbaues vorzunehmen, und lassen wir die hauptsächlichen Produkte, vorerst des Küchengartens, eine kurze Revue passiren.