Der Gemüse- oder Küchengarten.
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Wenn wir auf die Herzahlung der bekanntesten Gemüse und die Beifügung ihrer Verwendung etwas länger verweilt haben, als, anscheinend, hätte sein dürfen, so wollten wir gerade damit auf den weiten Wirkungskreis aufmerksam machen, der Frauen, sowohl auf dem Lande, als auch in kleinen Landstädtchen oder in der Nähe großer Städte geboten ist. Und wir betonen, daß, so wenig der Betrieb des Landbaues für den Mann unter irgend welchen Verhältnissen unanständig ist, ebensowenig sich der Bau von Gemüsen im Garten (etwa analog dem „Betriebe der Landwirthschaft", wie Seite 325 rc. zeigt) für Frauenspersonen, mögen sie dem sog. gebildeten oder Beamtenstande, dem Bürger- oder Bauernstande angehören, nicht schickt, wenn sie sich einen Erwerb suchen müssen. Die Arbeit soll, zu wiederholten Malen sagen wir es, Niemanden eine Mißachtung zuziehen können; im Gegentheil, sie muß Ehre bringen. Die Arbeit soll den Standpunkt in der Gesellschaft einnehmen, zu welcher der weniger Gebildete erhoben wird, indem sie geregelt und als Mittel, nicht zum Zwecke des Lebens aufgestellt wird. Und sie soll aber auch das Gebiet sein, auf das die sogenannten höheren Stände ohne Scheu herabsteigen dürfen, entweder, wenn die Noth, oder auch wenn die Langeweile oder der Ueberdruß an der in den oberen Regionen herrschenden dünnen Lebenslust sie dazu drängt. —
„Gemüsebau — sagt vr. Löbe in seinem „Haus- und Wirth- schaftslexicon" — ist der ausgebildetste Theil des landwirthschaftli- chen Gewerbes, der sich aus dem gewöhnlichen Feldbau in Folge der zunehmenden Bevölkerung und der dadurch nöthig gewordenen größeren Masse von Produkten allmählig entwickelt hat. Er ist das hauptsächlichste Mittel, dem Volke die gehörige Abwechslung in seinen Lebensbedürfnissen zu verschaffen; er vermag dem Boden den höchsten Ertrag abzugewinnen, also eine weit größere Volksmenge zu ernähren, als der Ackerbau. Denn wenn dieser mindestens 20 Morgen Land zur Ernährung einer Familie braucht, ernähren schon 3 Morgen Land, auf dem Gemüsebau betrieben wird, eine Familie, und wenn vollends das Mistbeet zur Erziehung früher und feiner Gemüse benutzt wird, da reicht nicht selten H Morgen hierzu hin. Aber auch wo der Gemüsebau nur zum selbsteigenen Bedarf betrieben wird, ist er von Bedeutung, da durch das Gemüse eine Menge anderer, mehr kostender Nahrungsmittel entbehrlich wird, und es eine große Abwechslung in die Speisen bringt und manchen Lebensgenuß verschafft. Deshalb sollte Jedermann, wem immer ein Gärtchen oder ein Plätzchen Land zu Gebote steht, der sich in einen Garten umwandeln läßt, den Gemüsebau eifrig betreiben."
Die Produkte des Gemüsegartens aber finden überall gern Käufer für unmittelbaren Absatz, oder man kann noch mehr Nutzen daraus ziehen, wenn man sie auf irgend eine beliebige Art conservirt (wovon noch die Rede sein wird) zur Winterszeit verkauft oder in den Han-