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Blumenzucht.
schal sind die Vergnügungen, welche die Städte bieten, wie leer lassen sie das Herz; — wie arten sie Gesinnung und Gewohnheiten des Menschen aus, und wie kostspielig sind sie obendrein! — Dagegen das fortwährende Schauspiel, das die Natur in einem so wunderbar vielfachen Wechsel bietet, daß sie immer und immer wieder etwas Neues zu bieten scheint, — dagegen diese Naturscenen, welche das Gemüth des Menschen erheben und veredeln, ihre Herzen größer machen, — und diese köstlichen Genüsse nicht nur umsonst geboten, sondern auch dem geistigen und leiblichen Gedeihen zuträglicher, — wem sollte da die Wahl schwer werden?
Und dazu bietet vor allem der Gartenbau dem weiblichen Geschlechte aller Abstufungen der Stände und des Bildungsgrades ein weites, unbegrenztes Feld lohnender Thätigkeit, und alle, welche die wenig hiezu erforderlichen Mittel besitzen, sollten nicht säumen, dieselben auf so vortheilhafte Weise anzulegen. Blumen liebt man ja überall. Jedermann, der noch ein reines und gutes Herz in der Brust trägt, der hat diese lieblichen Kinder der Natur gerne. Sie sind der passendste, sinnigste und schönste Schmuck für blühende, junge Mädchen. „Blumen werfen", „Blumen streuen" ist der höchste Ausdruck der Verehrung und Ehrerbietung, den man Jemandem erweisen kann. Und welch' schöne und erheiternde Ausschmückung bieten nicht Blumen und grünende Gewächse für bewohnte Räume! Welche sinnigen und überall willkommenen Geschenke sind sie nicht! —
An Käufern für Blumen fehlt es daher niemals und es ist Sache der Blumenzüchter selbst, durch ihre Bemühungen sich Liebhaber für ihre Products zu verschaffen, indem sie immer Neueres und Schöneres hievon darbieten.
Das Ziehen und das Pflegen von Blumen ist darum eine der lohnendsten und schönsten Beschäftigungen, insbesondere für Frauen geeignet, wenn sie zur Verrichtung anstrengender Arbeiten, wie des Grabens, des Pflanzens u. s. w. etwas rüstigere Kräfte zur Beihülfe nehmen. Diese Beschäftigung giebt überdies das ganze Jahr zu thun, indem man Blumen in Töpfen, im Freien und im Trcibhause
ziehen kann, und es giebt kein anregenderes und schöneres Studium,
als das der Zucht der Pflanzen.
Viele betreiben die Blumenzucht blos zum Vergnügen. Und wer es thun kann, thut recht daran; denn die wohlthätigen Folgen dieser Beschäftigung kann man nicht hoch genug anschlagen. Sie
bietet solche Genüsse und wohlfeilen Vergnügungen, welche keinen
Stachel der Reue hinterlassen, sondern unsern Geist bilden und unser Herz veredeln. Denn man vergesse nicht, daß unser Geist eine Richtung zum Guten oder Schlechten bekommt, je nachdem er sich mit xtwas beschäftigt. Und kann von der Pflege der Blumen etwas Böses kommen? — Mit Recht hat ein Schriftsteller gesagt: „Blumen sind für Jung und Alt, für den Ernsten und für den Fröhlichen, für den Lebenden wie für den Todten, für Alle, außer dem Schuld-