Blumenzucht.
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beladenen, und auch für ihn, wenn er sich bessern will.... Welch' ein öder Platz würde die Welt sein ohne Blumen! Etwa wie ein Gesicht ohne Lächeln, ein Fest ohne Genuß!"
Und dann, welchen Trost gewahrt die Pflege der Blumen erst Armen und Bedrängten! Gerade, wenn die Mühen und Sorgen des Lebens recht drücken, da und dann bietet die Pflege der Blumen Erleichterung und Trost. Wie nichts anderes ist gerade diese Beschäftigung im Stande, manchen Kummer, den das Herz drückt, zu erleichtern und hinwegzunehmen. Einen Garten am Fenster kann man ja auch in Städten halten. Und giebt es einen erfrischenderen und wohlthuenderen Anblick, als Blumen und Pflanzen, welche im Winter unsere Wohnräume schmücken? Von Blumen im Hause, ebenso wie von Blumen im Garten gilt der Ausspruch: „Sie bilden uns und halten uns eng zusammen; sie erheben nicht nur unsere Empfindungen, sondern sie schlingen sich auch um unser Herz herum." Sie beschäftigen in der That unsere täglichen Gedanken, sie verlangen unsere tägliche Pflege. Ihre Schwäche nimmt unseren Schutz, ihre Hülflosigkeit unseren Beistand in Anspruch. Wer wollte aber bezweifeln, daß diese Sorgfalt und Beschäftigung nicht auf den Pfad der Tugend leite? — Und wie schön ist dieser Umgang mit den lieblichen Kindern Flora's! Die glänzenden Blätter zittern aus Dank- gefühl, und die blühende Rose singt erröthend ihr Lied des Dankes. Ja, welch' lautlose Lehrerinnen sie sind! Wie eindringlich predigen sie mit ihrer Pracht, die doch dahin welkt, die Vergänglichkeit; lehren Geduld, auszuharren, bis die Blüthe erscheint; verlangen Fleiß, Wasser zu spenden, wenn kein Regen oder Thau fällt und alles vertrocknet; — beschäftigen die zärtlichste Sorge, wenn der Stamm geknickt ist und das Blatt welkt; — zeigen Ergebung in's Unvermeidliche, wenn ihre Zeit gekommen ist, abzusterben. Aber sie predigen auch von der Unsterblichkeit; denn in dem Samen oder der Wurzel ruhet nur das Leben und entkeimt wieder frisch und prachtvoller als vorher. —
Und welchen Einfluß üben Blumen erst auf Kinder aus, die ja selbst eine Art Blumen, Menschenblumen, sind. Soll nicht gerade die Liebe zum Schönen ausgebildet werden? Und wie wäre dies besser zu erreichen, als zur Pflege der in dem Kinde schon vorhandenen Zuneigung zu Blumen? Läßt man diese natürliche Neigung entwickeln und giebt ihr die rechte Nahrung, dann wird, man glaube es, die Erziehung in Haus und Schule ungemein gefördert. —
Wie schon Eingangs gesagt, ist die Blumenzucht aber nicht blos eine Beschäftigung, die Vergnügen gewährt, sondern die auch sonst viel Nutzen schafft und einen lohnenden Erwerb bietet, weil Blumen eine allenthalben und bei Jedermann stets willkommene Waare sind, sein sollen und werden können.
Hochgeachtet wurden die Blumen von den Menschen bereits im Alterthume; denn auch sie fühlten schon die geheime Verwandtschaft