Blumenzucht.
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fornien wachsende Blume, die einer Taube mit ausgebreiteten Flügeln gleicht und deshalb auch den Namen „Taubenblume" erhalten hat. Es sieht gerade so aus, als job sich das Thier in ein Nest von weißem Atlas niedergesetzt hätte; der kleine Schnabel ist car- moisinroth getupft und die Flügel leicht purpurfarbig gesprenkelt.
Aber nicht blos Farbe und Form verleihen der Blumenwelt einen so großen Reiz voll überraschender Abwechslung, sondern dem Beobachter ist das Leben der Pflanze von noch größerem Interesse. Wer hatte z. B. nie von der durch das leiseste Lüftchen erregten zitternden Bewegung der langgestielten Blätter der „Aspe" gehört, von welchen ja das Sprichwort kommt: „Wie Espenlaub zittern"? — Und wer hätte noch nichts von jener Pflanze, 'der „Mimose" oder „Sinnespflanzc", auch bekannt unter „Berühr' mich nicht" vernommen, deren Blüthen von merkwürdiger Bildung, Kelch und Krone von gleicher Farbe sind, — ein Theil des Kelchs viel größer, als der andere, sackförmig, und an einem Ende in eine Spitze oder einen Sporn ausgezogen, der sich nach der Vorderseite der Blume zu beugt? Sie hat ihren Namen von der Reizbarkeit ihrer Blätter, die sich bei der geringsten Berührung schließen. Die Blüthe dieses Gewächses ist prachtvoll orangengelb, braun getupft und ihre Schönheit, verbunden mit der Leichtigkeit, mit der sie an ihren Stielen hängen, hat ihnen in England den Namen „Zuweilen-Kraut" verschafft. — Dann ist die „Strelitria Uexinae", am Kap heimisch, wegen ihrer eigenthümlichen Art zu blühen, auch bemerkenswert. Eine lange, grüne Scheide erscheint an der Spitze des Blüthenstengels, die sich horizontal neigt, und aus einem Schlitze in der oberen Seite erheben sich die Blüthen eine nach der anderen. Wegen ihrer bunten Farben und sonderbaren Form hat man diese Pflanze auch „Paradiesvogelblume" genannt. — Unter den Herolden des Frühlings ist ein Blümchen, aus dessen geknicktem Stengel eine Feuchtigkeit kommt, die wie Blut aussieht, und die man deshalb auch Blutwurzel nennt. Bemerkenswerth ist diese Pflanze daran, wie zärtlich das Blatt die Blü- thenknospen umschließt, als wenn es besorgt wäre, die Blüthe den rauhen Stürmen der veränderlichen Jahreszeit überlassen zu müssen. Ferner giebt es Pflanzen, die in Ländern wachsen, in welchen periodische Trockenheit herrscht und welche in den trockenen Monaten gänzlich welken, durch den Regen aber wieder wie neubelebt aufstehen. Man nennt sie deshalb auch „Resurrections- (Wiederauserstehungs--) Blumen". Eine der eigenthümlichsten Arten dieser Pflanzen ist die „Rose von Jericho", welche früher oft von Pilgern mit aus Palästina mitgebracht zu werden pflegte. Es ist dies zwar keine Rose, sondern sieht eher dem Teppichgrase ähnlich. In trockener Jahreszeit rollt sie sich in eine Kugel zusammen und diese Kugel wird vom Winde abgerissen und in die Sandwüste entführt. In diesem zusammengerollten Zustande bleibt die Pflanze, bis sie vom Regen oder sonst befeuchtet wird, wornach sich ihre Stengel aufrollen und die Samen-