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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Bienenzucht.

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ihn; erst im Magen wird er zu Honig, den sie in den Zellen von sich geben. Zu gleicher Zeit sammeln sie auch den Blüthenstaub von Blumen und bringen ihn an die Schaufeln der Hinterfüße. Auch diesen verschlucken sie, damit er im Innern zu Wachs verarbeitet werde, welches sie dann unter die Ringel des Hinterleibes ausschwitzen und sogleich zum Bau der Zellen verwenden. Die Zellen liegen in Waben zusammen, welche Zwischenräume als Gassen zwischen sich lassen. 312 dieser Zellen, welche rund und größer sind, als die anderen, sind für die zukünftigen Königinnen bestimmt. Die anderen enthalten theils Brüt, theils Honig, theils Futterbrod. Die Droh­nen oder männlichen Bienen sind größer, als die Arbeitsbienen, aber stachellos. Sie arbeiten nicht und werden, sobald sie überflüssig ge­worden sind, aus dem Stocke gejagt. In einem Stocke wird nur Eine Königin geduldet, weshalb, sobald die neuen Königinnen dem Auskriechen nahe sind, die Auswanderung vorbereitet wird, d. h. der Stock wird unruhig, und bei günstigem Wetter stiegt die Königin mit dem neuen Schwärme davon (d. h. sieschwärmt"), der dann aufgefangen und in einen neuen Stock gebracht wird. Die Königin vermag in einem Tage bis 3000 Bieneneier und in einem Jahre bis 70,000 zu legen. In schlechten Jahren, wo sich die Bienen auf dem Felde nicht ernähren können, und einen Theil des Winters über, müssen die Thiere gefüttert werden, was am besten durch reinen aufgelösten Zucker geschieht.

Mit der größten Ausdauer und dem besten Erfolge hat der Pfarrer Dzierzon in dem preußisch-polnischen Städtchen Karls­markt (Karlowicze) die Bienenzucht studirt, und dadurch eine wohl­verdiente Weltberühmtheit erworben. Er kennt die Bienen, als wenn er selbst zu dem Völklein gehörte, und lernte genau, wie sie zu er­ziehen sind. Sie müssen thun, was er will. Wenn er Honig ver­langt, so müssen sie ihm Honig machen; wünscht er Wachs, so ma­chen sie ihm Wachs; wenn er mehr Bienen verlangt, so müssen sie ihm solche brüten. Durch ein gründliches Studium der Natur der Biene hat er sich diese Gewalt errungen. Er benützt auf angemes­sene Weise ihren Instinkt und ihre Fähigkeiten und vermeidet Hiebei Alles, was ihnen unangenehm sein könnte. Er schützt sie gegen ihre Feinde, pflegt sie in ihren Krankheiten und macht ihnen so zu sagen das Leben behaglich. Dafür werden sie in der von ihm gewünschten Weise fähig und willig, mit äußerster Anstrengung zu arbeiten, so ungefähr wie die Arbeiter eines human gesinnten Fabrikanten, wel­cher für dieselben wie ein Vater sorgt. Man muß erzählt ein Besucher dieses merkwürdigen Mannes Dzierzon's beständige Fürsorge und Wachsamkeit über seine kleinen Lieblinge gesehen haben, um sich von diesemBienenvatcr eomme il laut" eine Vorstellung machen zu können. Er vergißt nichts, was mit den Körben gesche­hen, oder daran abgeändert werden muß, um sie gegen den Regen, die brennende Sonne u. s. w. zu schützen, und jede Biene, welche er