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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Zuckerfabrikation. Die Conditorei.

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größten Theil selbst erzeugt, verarbeitet. Das Heizmaterial wird aus eigenen Torfgräbereien gewonnen, die ein 2 geogr. Meilen langer Ka­nal durchschneidet, der von 100 Schiffen, ü 200 Ctr. Tragkraft, be­fahren wird, und jährlich 600,000 Ctr. Torf geben. Die Raffinerie erzeugt pr. Monat 6000 Ctr. fertige Waare, die Spiritusfabrik jähr­lich 15,000 Eimer. Verbunden ist damit eine Blechlackirwerkstatte. Dieses große Etablissement hat seine eigene Feuerwehr, Schule, Spi­tal, Apotheke und Aerzte.

Der Prozeß der Zuckergewinnung ist ein zweifacher:

1) Die mechanischen Operationen, welche im Reinigen, Zer­reiben und Auspressen bestehen, scheinen auch weibliche Hülfe zuzulas­sen, besonders, da es viel auf die vorhergehende Reinigung der Rüben ankommt, die von der ihnen noch anhängenden Erde und allen schädlichen und nutzlosen Theilen befreit werden müssen. Dies ge­schieht theils durch Putzen oder Ausschneiden, theils durch Waschen. Dann werden sie auf Reibniaschincn zu einem Brei zerrieben, oder in hänfene oder leinene Beutel gethan und ausgepreßt. Nach ande­rer Methode werden sie von Maschinen zerschnitten, in erwärmter Luft getrocknet, zu Pulver gemahlen und dann nach einiger weiterer Beigabe ausgepreßt.

2) Die chemischen Operationen bestehen in Läuterung des Saftes des Syrups und Krystallisation des Zuckers, wo, wie in den Zuckersiedereien überhaupt, Frauenarbeit durchaus nicht zulässig ist, wohl aber wieder bei der Verpackung der fertigen Waare.

172. Das Geschäft der Zuckerbäcker oder die Conditorei. Man versteht jetzt darunter die Kunst, nicht nur eßbare Condi- torwaaren, d. h. entweder eigentliche Zuckerbäckereien (Confect), oder auch mit Zucker überzogene (candirte) Früchte und andere Substan­zen zuzubereiten, sondern auch Dekorationsstücke aus Zucker und Back­werk zu Aufsätzen auf Speisetafeln u. s. w. zu verfertigen.

Die Conditorei ist eigentlich ein ganz neues Gewerbe. Seitdem nach der Entdeckung Amerika's im 16. Jahrhunderte der Zucker, der sonst nur in höchst geringer Menge aus dem Oriente in das Abend­land gekommen war, in jenem Welttheile angebaut wurde, und nun in immer gewaltigeren Massen nach Europa kam, seitdem hat sich dieses Geschäft fast in allen Städten Europa's aufgethan, und sich besonders aber seit 50 Jahren zu einer hohen Vollkommenheit auf­geschwungen. Auch beschäftigen sich die Conditoren nicht allein mit Zuckerbäckereien, sondern auch damit, Früchte in Zucker einzumachen (vom lat. Worte eonckire, Einmachen, haben sie ja auch ihren Na­men). Sie haben darin eine solche Fertigkeit erlangt, daß sie diesen Früchten: Ananas, Pfirsichen, Aprikosen, Birnen, Pflaumen, Wall- nüssen rc. ihr natürliches Aroma in hohem Grade zu erhalten ver­stehen. In Preußen giebt es, nach Dr. NehlensGeschichte der Handw. und Gew." (der wir diese historische Notiz entlehnen und