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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Conditorei.

aus der wir auch fortan in dieser Beziehung schöpfen werden) über 2000 Conditoren, ungezählt ihre Gehülfen. Aber noch viel schwunghafter wird dies Geschäft in Großbritannien getrieben, wo wöchentlich mehr als 3000 Ctr. Zucker in Conditoreiwaaren verar­beitet werden, deren Werth man auf 350,000 L veranschlagt. Da­bei spielen besonders die sog. Hochzeitskuchen eine vorzügliche Rolle, die sie von solchen Dimensionen fertigen, daß ihr Preis auf 30 bis 150 A zu stehen kommt. Sie werden meistens in Tempel- oder Monumentenform und reich mit Rococcozierrathen, Wappen und Fah­nen, sowie einer Unzahl niedlicher allegorischer Figuren geschmückt, und von Zucker und Mehlteig gemacht. Auch verstehen die Englän­der besonders ausgezeichnete Gelees und Marmeladen von Erdbeeren, Himbeeren und Stachelbeeren zu bereiten.

England producirte 1855 an Conditoreiwaaren und Zucker- bäckereien nur 160,000 Ctr.; im Jahre 1862 aber waren diese Er­zeugnisse bereits auf H Mill. Ctr. gestiegen. Diesen rapiden Fort­schritt einer innerhalb weniger als einem Jahrzehnt um das 3fache gestiegenen Erzeugung hatte aber dieses Geschäft lediglich der An­wendung der Dampfkraft bei verschiedenen Verrichtungen und daher der möglichen großen Ausdehnung der Production zu verdanken. Und gerade dies machte England auch in diesem Industriezweige zum Herrn des Weltmarktes, weil das französische Zuckerwerk auch noch einige Zeit darnach lediglich mit der Hand gefertigt wurde. Das Gewerbe der Zuckerbäcker begreift in London 40 Häuser ersten Ran­ges in sich, und da jedes Haus sich auf die Erzeugung von nur 2 bis 3 Arten Conditoreiwaaren beschränkt, liefern sie auch große Men­gen und in größter Vollkommenheit. Die einen geben sich nur mit Fruchtconserven und Marmelade» ab, andere mit Zucker-plätzchen, wieder andere mit trockener Waare, d. h. überzuckerten Mandeln, Sämereien rc., abermals andere mit gesottenen Waaren, wie z.B. Drops (.Tropfen) rc., oder fertigen Conditorwaaren mit Liqueurfüllung u. dergl. Dabei ist nunmehr auch das Streben ersichtlich, Alles in reinster, mit Mehl und schädlichen Substanzen und Farben unver­letzter Qualität zu liefern. Denn früher versetzte man dieselben nicht blos mit Mehl, sondern sogar mit Gyps, Kreide und selbst mit sehr schädlichen Ingredienzen. Noch im Jahre 1851 waren die Far­ben, die man auf Zuckerbäckerwaaren anwandte, sehr schädlich, da man selbst Mercur und Kupferfarben hiezu nahm. Und selbst 1862 noch waren die englischen Conditoreiwaaren, besonders weiße, rothe und gelbe, selten ohne giftige Bestandtheile, und die verzuckerten Man­deln hatten eine große Menge von Stärke, Kreide und Gummi in sich. Ein einziges der oben erwähnten Londoner Häuser macht täglich 2H Tonnen Zuckerplätzchen und Confitüren, außerdem 50 Ton­nen Marmelade und 60 Tonnen Fruchtconserven. Nur die kleine­ren Conditoreien befassen sich mit Anfertigung aller Gegenstände zu­gleich und dann auch mit eingezuckerten und krpstallisirten Früchten-