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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Conditorei.

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Saften, Fruchtstoffen, sowie von Zierrathen, Blumen, allen nur erdenk­lichen Figuren u. s. w.

Die höchste Ausbildung der Conditorei ist aber der Mas- senerzeugung Englands gegenüber in Frankreich zu finden, wo sie einen wichtigen Industriezweig bildet, mit dem eine Menge anderer Beschäftigungen in Verbindung steht. Der Artist, der Lithograph, der Kolorist, der Lackirer, der Papierfabrikant, der Pappdeckelmacher, der Graveur, der Fabrikant von gepreßten Artikeln oder von gefärb­ten Papieren, der Gold- und Silberschläger und sogar der Seidcn- weber sind alle mehr oder weniger bei der Production der mannig­faltigen Cartons und Carnets betheiligt, welche zur Aufnahme der Bonbons und conservirten Fruchte bestimmt sind. Die Fabrikation von verzierten Kästchen und Schachteln hat sich in Paris in wunder­barer Weise entfaltet und giebt Tausenden Arbeit. Manche dieser Schachteln kosten dem Conditor selbst 1550Frcs., und mit geschmack­vollen Bonbons und auserlesenen Früchten gefüllt, werden sie mitunter zu fabelhaften Preisen verkauft. Die Fabrikation der Zucker-Con­fitüren hat z. B. in Paris ihren Sitz, wo sie 700 Arbeiter beschäftigt, deren jährl. Production auf 7 Mill.Frcs. geschätzt wird. Die Ausfuhr von Bonbons, Syrup, Marmeladen, Gelees und Früchten belief sich i. I. 1850 auf 933,350 Pfd., im Werthe von 900,000 Frcs. Hier entfaltet der Conditor seine artistische Fähigkeit in außerordentlichem Grade. Die Form des einzelnen Bonbons ist das Resultat der sorg­fältigsten Studien; die Farbcncontraste werden nach wissenschaftlichen Principien gewählt, und in der Gruppirung verläßt er sich auf den ihm angeborenen Geschmack. Sein Erfindungsgeist ist unerschöpflich, und jede Saison bringt neue Novitäten. Rühmlichst zu erwähnen ist hier noch, daß die französischen und die deutschen Zuckerwaaren gänz­lich ohne schädliche Bestandtheile sind. Denn man ist schon längst darüber im Sichern, daß man die giftigen Farben nicht mehr noth­wendig hat, sondern die Farbenstoffe meistens Pslanzenbestandtheilcn entnehmen kann, und daß man mit solch' unschädlichem Farbenmate- rial das Zuckerwerk schöner als je zu färben vermag.

Die Hauptplätze des französischen Conditoreigeschästs sind: Pa­ris, Marseille, Bordeaux, Verdun, Clermont, Ferrand, Lyons, Rouen und Orleans. In der Fabrikation von Zuckerwaaarcn war bis zum Jahre 1845 fast jede Verrichtung Handarbeit. Seitdem aber wurden allmählig Vorrichtungen verschiedener Art eingeführt und mit Dampfkraft betrieben. Man ist in diesem Geschäfte blos der Beihülfe männlicher Arbeiter benöthigt, mit Ausnahme mancher vor­bereitenden Arbeiten, welche langwierig, aber nicht ermüdend sind. Z. B. das Schälen und Reinigen der Mandeln, die Herrichtung der Früchte und des Gummi, und dann das Verpacken ist der Frauen­arbeit vorbehalten, und finden gerade so viel, wo nicht mehr Frauen, als Männer in Frankreich beim Conditoreigeschäste ihren Erwerb. In Paris richtet sich der Arbeitslohn je nach der Waare und der