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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Die Cigarren.

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Bei der Rauchtabakfabrikation stehen durchwegs Maschinen in Verwendung; ebenso bei den meisten Arbeiten der Schnupftabak­fabrikation.

Die Cigarrenfabrikation zerfällt in zwei Abtheilungen, in die Vorrichtung der Blatter und die eigentliche Fabrikation. Die Blätter werden vor ihrer Verwendung befeuchtet, sodann entrippt und sortirt, die Einlagen zur Trocknung hergerichtet, die Decken hin­gegen gepreßt und in Streifen geschnitten. Die Decken werden den Spinnerinnen mit einem Aufschlage von 3 pCt. und nach Verhältniß der Qualität auch mehr zugezählt. Zum Zählen der Deckstreisen und Cigarren sind eigene Zählerinnen bestellt, welche genaue Aufschreibung zu führen Pflegen. Mit dem Befeuchten der Blätter und in den Trockenstuben sind ausschließlich Männer beschäftigt. Die Vorrichtung und Anfertigung der Cigarren besorgen aber, wie schon gesagt, weib­liche Individuen. Die entrippten Umblätter werden von den Cigar- renarbeiterinnen je nach Beschaffenheit der anzufertigenden Cigarren geschnitten, worauf die Anfertigung der Puppe und das Ueberspin- nen derselben erfolgt.

Die Cigarrenfabrikation in Frankreich aber, dem besagten Be­richte gemäß, war im Jahr 1862 fast noch in der Kindheit und stand weit hinter der Oesterreichs zurück; denn sie war ohne Eintheilung und verständige Ordnung. Das rohe Blatt wurde ohne Controlle gefeuchtet, entrippt und das Deckblatt oberflächlich gestreift. Es be­standen keine eigenen Abtheilungen, die für sich ein Ganzes bildeten und sich selbstständig verrechneten.

In London wurden, derselben Quelle zufolge, im Jahre 1862 zur Cigarrenfabrikation blos männliche Individuen verwendet, die sowohl die Puppen machten, als das Spinnen bewerkstelligten. In einigen Fabriken bekam der Arbeiter das vorbereitete Blatt ohne alle Rücksicht, in anderen ward ihm das Material mit einem Zuschlage für 10 Stück Cigarren zugewogen. Sämmtliche Arbeitsrequisiten waren äußerst unrein gehalten, und wurden gewöhnlich von den Ar­beitern herbeigeschafft, weshalb sie sich auch meist unvollkommen und unpraktisch erwiesen. Die Cigarrenmefser waren häufig nur abge­brochene Tischmeffer und eigene Maßstöckel kannte man nicht, da die Länge der Puppe auf dem Schneidebrette blos durch einen Einschnitt verzeichnet zu werden pflegte. Dazu waren die Cigarrenarbeiter bei

weitem nicht so geübt (weder in Rücksicht der Qualität, noch der

Quantität der Leistung) wie anderwärts, z. B. in Oesterreich. Denn ein Arbeiter wurde schon vorzüglich genannt, wenn er 450550 Stück ordinäre oder 300 Stück seine Cigarren pr. Tag, ü 10 Std., erzeugte, während in demselben Zeitraume in Oesterreich eine mittel­mäßige Arbeiterin 600700 Stück ordinäre Cigarren anfertigte. Der Lohn stand dagegen in London sehr hoch und wurde nach der Facon der Cigarren berechnet. Es wurden für 100 Stück feine Ci­garren 3 8k. 5 6. bis 3 8k. 9 6. und für 100 Stück ord. von 9 6.