Die Cigarren. Cigarrenfabrikation als HausLeschäftigung. 539
halten, aber ja nicht etwa durch Abführmittel. — Auch Dr. Reclam stimmt damit vollkommen überein, indem er u. A. zu Geradehaltung im Sitzen ermähnt, weite Kleider ohne engen Gürtel, gymnastische Spiele, häufiges Baden, Singen bei der Arbeit (wo dies thunlich ist und erlaubt wird), ungepolsterte Arbeitsstühle, Wasser trinken, Schwarzbrod zum ersten Frühstücke, tägliche Spa- ziergänge im Freien (möglichst entfernte Wohnung vom Arbeitslokal) ubd bei milder Luft im Freien absichtliches Tiefaufathmen (Seufzen) zur Lungenübung empfiehlt.
Gute Arbeiterinnen können stets Arbeit erlangen. Die Arbeit dauert das ganze Jahr gleichmäßig fort; aber im Sommer, wenn der Tag lang ist, können die Arbeiterinnen mehr verdienen.
Die Zukunft dieser Beschäftigung — meinte die Verf. im Jahr 1860 — ist sehr fraglich in Amerika, da die in Deutschland gemachten Cigarren in großen Quantitäten nach Amerika eingeführt werden und die Fabrikanten in jAmerika wegen des höheren Arbeitslohnes kaum mit den deutschen Fabrikanten concurriren können. — In der Folge der Zeit wurde indessen wohl der Versuch gemacht, in Amerika die einheimische Tabaksfabrikation durch einen hohen Eingangszoll gegen ausländische Concurrenz zu schützen, wie denn jenseits des Oceans Zollschranken um Zollschranken entstehen, während eine aufgeklärte Volkswirthschaft im alten Europa bemüht ist, dieselben einzureihen. Doch die amerikanischen Tabaksfabrikanten konnten des gegebenen Vortheiles nicht froh werden, da andererseits eine drückende Steuer auf die einheimische Produktion gelegt wurde. Man raucht daher nach wie vor in Amerika deutsche Cigarren, nur bezahlt man dafür etwas mehr als früher. — Der Einrede der mangelnden Arbeitskräfte und des hohen Lohnes, was mit dem Auslande concurriren zu können so arg hindern soll, sind wir andeutungsweise schon auf S. 391 begegnet, und beziehen das dort Gesagte in gesteigerter Beziehung noch hieher.
182 . Cigarrenfabrikation als Hausbeschäftigung für ganze Familien (fernere Fortsetzung des Artikels über die „Ta- baksabrikation". — Wenn eine Familie, Mann und Frau mit einigen Kindern, mit Cigarrenmachrn sich fortbringen will, so ist es vor Allem nöthig, daß, wenn sie keinen Verlag anschaffen kann, sie für ihre Arbeit bestimmte Abnehmer haben muß, und nicht auf's Geradewohl arbeiten darf. Hat sie nun auf diese Art einen gewissen Absatz, so kann sie beginnen, und es wird ein Arbeiter pr. Tag 4 — 600 Stück, bei schwieriger Arbeit aber auch nur 200 Stück zu Stande bringen. Arbeiten die Leute gut zusammen und sehen sie auch in Betreff des zu nehmenden Tabaks auf gute Waare, so können sie immer einen guten Taglohn herausbringen. Der Gewinn wird sich aber steigern, wenn durch Sparsamkeit und Fleiß ein Kapitälchen erworben worden ist, mit dessen Hülfe man die gefertigten Cigarren