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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Obst- oder Fruchthandel.

im größten Maaßstabe angelegt, in denen die edelsten Früchte und Pflanzen aus allen Landern des großen Reiches gebaut wurden. Besonders berühmt waren die Garten des Lucullus bei Bajä am Meerbusen von Neapel, in denen alle Gewächse des Orients an­gesammelt waren. Einen besondern Gärtnerstand hatte aber jene Zeit nicht auszuweisen; denn auch in dieser Hinsicht wurden alle Ar­beiten durch Sclaven verrichtet. Die Römer scheinen dann die Deutschen mit der Obstbaumzucht bekannt gemacht zu haben, wie die Namen Birnen, Kirschen und Pflaumen darauf hindeuten. Aber in das Innere Deutschlands ist diese Cultur zu ihrer Zeit nicht gedrungen, und erst die Klöster waren es, die im 7. und 8. Jahrhundert dort die ersten Baumgärten angelegt und alle Obstsorten verbreitet haben. Kaiser Karl der Große ließ ausdrücklich auf seinen Meierhöfen Gärten anlegen, und in denselben Obstbäume, Küchengewächse und andere Pflanzen bauen. Auch in den nächsten Jahrhunderten wird der Gärten (Pomaria) Erwähnung gethan, wie solche im 9. Jahrh, in Schwaben, Rieth bei Faichingen, in Schwaigern und Böckingen vorkommen. Im 11. Jahrhunderte wurden im Klostergarten zu Hirschau unter dem Abte Wilhelm (1069 1091) Aepfel, Birnen, Quitten, Pfirsiche, Mispeln, große und kleine Nüsse, Trauben, Zwetschen, Pflaumen, Kirschen und verschiedene Arten von eßbaren schwarzen und rothen Beeren gezogen. In späterer Zeit sehen wir der Obstbaumzucht eine besondere obrigkeitliche Aufmerksamkeit gewidmet. Kaiser Friedrich Barbarossa sprach alle Obstgärten von Zehnten frei. Und schwere Strafen trafen die Baumfrevler und Gartendiebe. Anfang des 15. Jahrh, hören wir zum ersten Male einen Gärtner nennen, Winrich von Kniprode (auf Marienburg bei Elbing, wo der Hochmeister des deutschen Ordens seinen fürstlichen Sitz hatte), der besonders der edlen Obstbaumzucht kundig war. Außerdem wird noch des Gartens von Heilbronn am Neckar rühmend gedacht, 1465. Insbesondere blühte die Gartenkunst in Oesterreich unter Maximilian II. (1564 1576 und seinem Sohne Rudolph II. (15761612) auf, in welcher Zeit es in diesem Lande bereits 140 kaiserl. Lustgärten gab, über welche 10 Obergärtner gesetzt waren, unter denen besonders Klusius und Sweert genannt sind. Der Schöpfer der Gartenkunst in Schwaben war Herzog Christoph, der überall Obstbäume zusam­menkaufen, eine Baumschule anlegen und durch seine Hofgärtner im Baumpfropfen Unterricht ertheilen ließ. Auch Ludwig XIV. in Frankreich ließ die feinsten Obstarten aus ganz Europa aufkaufen, deren Pflege dem Kloster Karthause bei Paris übertragen wurde, von dem aus dieselben sich nun wieder in alle Theile Europas verbreiteten. Das Kloster gewann damit Millionen und unsterblichen Ruhm. Aber auch in allen Ländern entstanden nun Obstbaumschulen, welche die edelsten Sorten in die fernsten Gegenden verbreiteten, und man ge­wann an vielen Orten so viel Obst, daß man es zum Handelsartikel machen konnte, wodurch sich einzelne Orte großen Wohlstand erwarben.