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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Obst- oder Fruchthandel.

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So gehen u. A. gegenwärtig von Lübeck und Stettin jährlich viele Schiffsladungen von Obst nach Schweden und Rußland. Frankreich excellirt in der Obstbaumzucht und seinem Gartenbaue überhaupt noch immer. Aber auch in Süddeutschland, in der Schweiz und in Oesterreich ist der Obstbau stark. Baden heißt jader Garten" von Deutschland. Das Erträgniß der Obstcultur in Oesterreich ob und unter der Ens, in Steyermark, Kärnthen, Nordtyrol, besonders in Böhmen, Mähren, dann auch in West- und Süd-Ungarn beträgt jährlich bei 1314 Mill. Centner. In Steyermark speciell wird so bedeutender Obsthandel getrieben, das allein von Graz aus vom Octbr. bis Mai 95,000 Ctr. verschickt werden. Es giebt auch keine lohnendere Beschäftigung, besonders für den Landwirth; denn die darauf verwendete Arbeit ist fast null. Trotzdem hat es doch noch so viele Plätze» wo Bäume stehen könnten, ohne Schaden zu thun. Wohl zu berücksichtigen ist ferner der Einfluß auf das Klima, was in sandigen, trockenen Gegenden zu beachten kommen sollte. In der Schweiz halten nun die Baumgärtner und Baumhändler des Canton Bern in Langenthal jährlich große Baummärkte (an den zwei letzten Dienstagen im Oktober, an den drei letzten Dienstagen im März und dem ersten im April) ab. Zum ersten Markte schon waren 45000 Hochstämme, Aepfel, Birnen, Pflaumen und Zwetschen angekündigt und überdies viele Gartenbäume, Spaliere, Pyramiden, Buschbäume u. s. w., ferner 20,000 Wildlinge verschiedener Obstarten angemeldet.

Was Amerika betrifft, so ist, um nur ein Beispiel anzuführen, aus den County Bergen (N. I.), meist von Deutschen besiedelt der Handel mit Obst und Beeren ungemcin lebhaft, so daß z. B. im Jahre 1866 auf den New Jork Markt 4? Mill. kleine Körbchen mit Erdbeeren gebracht und abgesetzt wurden. Dann, was Süd­früchte betrifft, so droht Californien mit seiner Citronen- und Oran- gen-Ausfuhr sogar dem italienischen und spanischen Handel mit die­sen Früchten gefährliche Concurrenz zu machen; denn in Los Angelos wurden 1866 ca. 100,000 Orangen und 40,000 Citronen gezogen.

In Amerika wird der Handel in Fruchtläden größtentheils von Männern betrieben, und Lehrlinge, welche dies Geschäft erlernen wollen, müssen eine Lehrzeit von 2 4 Jahren bestehen.

Der Obst-Kleinhandel giebt jedoch mancher Frau, die sonst nichts versteht, sich etwas zu verdienen, ihren Lebensunterhalt. Sie hal­ten entweder transportable Stände an den Ecken der Straßen, in den Eisenbahn-, Dampfschiff- und Dampffahr-Stationshäuscrn, in der Nähe von Theatern, Schulen, VergnügungsPlätzen und auch an Stellen, wo viele Arbeiter und Arbeiterinnen vorbei zu gehen pfle­gen. Manche haben auch Fruchtkrller und legen an schönen Tagen an der Treppe ihre Waaren zum Verkaufe aus. Wieder andere tragen ihre Waare Hausiren, in Bureaux, Verkaufsläden und Werkstätten.

Der Verdienst ist unterschiedlich. Manche verdienen pr. Tag S 1, manche aber auch nur 50 Cts., und wieder andere noch weniger.

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