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Der Obst- oder Fruchthandel.
Vielen ist es jedoch zu beschwerlich, schon Morgens um 5 Uhr auf zu sein, um zu Markte zu gehen, dort einzukaufen und dann bis Abends 9 Uhr am Stande zu stehen.
Im Frühjahr und Herbst, wo überhaupt der Verdienst im Allgemeinen gut ist, wird am meisten Obst verkauft. Die Mehrzahl der Obsthökerinnen verkaufen im Sommer frisches Obst, im Winter aber Zuckerstcngel, Nüsse, Kastanien und Cigarren.
Früher hatten die Obstweiber in New Jork sogar privilegirte Stände, und wenn eine fremde Verkäuferin in deren Bezirk eindrang, half ihnen sogar der herbeigerufene Polizist, dieselbe wegzutreiben. Ist dies nun auch nicht mehr so arg, so besteht unter den dortigen Obst- weibern doch noch immer die stillschweigende Verabredung, daß keine die vermeintlichen Rechte der anderen beeinträchtigt.
Zum Schlüsse dieses Artikels können wir nicht umhin, den Aus- zug eines den Fruchthandel in London betreffenden Aufsatzes hier einzuschalten, welchen der Jahrg. 1866 der „Jllustrirten Welt" aus der Feder des Herrn Or. Julius Nodenberg, des jetzigen Herausgebers der neuen Zeitschrift „Der Salon" gebracht hatte. In London — heißt es dort — werden viele Apfelsinen gegessen. Die Apfelsine ist die Frucht des niederen Mannes in London, es ist sein Obst ull lke rounck (das ganze Jahr hindurch). Die Apfel und Birnen, die Trauben und Kirschen, die theils aus Frankreich und den normanischen Inseln, theils vom Rheine kommen, sind ihm zu theuer; er ißt die goldenen Früchte, die in den Hesperidengefil- den und Hainen Italiens, Spaniens und Portugals reifen. An zahllosen Straßenecken leuchten die rothen Pyramiden, und in zahllosen Körben wandern sie hinter Cabs und Omnibussen, von Haus zu Haus, Morgens, Mittags, Abends, bis spät in die Nacht hinein, um die Theater und in die Theater. — Der Blumen- und Gemüsemarkt von London ist bekanntlich in Coventgarden. Der Fruchtmarkt hat sein Hauptquartier in der City. Der Fußgänger, welcher Fish- strcet Hill hinabgeht, würde sicher nicht vermuthen, daß zu gewissen Jahreszeiten eine reguläre Fruchtausstellung in diesen finsteren Backsteinhäusern, vor welchen die schlanke Säule des „Monuments" ihr Haupt erhebt, abgehalten wird. Alle Welt kennt die Firma Kee- ling L Hunt, deren Bild, für das Publikum im Allgemeinen, auf einer ungeheuren Ananaspyramide zu stehen scheint. Dieses Haus hält wöchentlich Frucht-Auktionen in seinen dazu bestimmten Räumlichkeiten in Monument Jard. Bei dieser Gelegenheit bietet die lange Reihe von fruchterfüllten Gemächern einen Anblick, vor welchem, was die Menge betrifft, die große Fruchtausstellung von Paris in den Schatten gestellt wird. Ananas zu Tausenden, Melonen und Mangoes sind dort aufgeschichtet vom Boden bis zur Decke, von einer Wand zur anderen. Der Ananasmarkt ist von neuerem Datum. Die erste Ladung war vor 25 Jahren nach London gebracht, und seit jener Zeit hat der Handel damit solche Fortschritte gemacht,