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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Der Obst- oder Fruchthandel.

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daß gegenwärtig etwas wie 300,000 Stücke jährlich importirt werden, von welchen die Firma Keeling L Hunt allein einen Zehntel ver­kauft. Sie kommen hauptsächlich von den Bahama-Jnseln in West­indien, wo sie fast wild wachsen, und eine Flotte von Klipperscbiffen ist beständig in Thätigkeit für den Transport dieser einzigen Frucbt. Die Melonen kommen von Spanien, Portugal und Holland. Spanien ist das Land der Melonen; jeder Bettelknabe auf Murillo's Ge­mälden ißt Melonen. Aber bei weitem am stärksten ist der Handel mit Apfelsinen. Die Zahl von 62 Millionen wird noch gesteigert durch ein Mehr von etwa 15 Mill. der verwandten Lemonen oder Citronen. Unaufhörlich, zu jeder Zeit zwischen den Monaten Sept. bis Mai kann man die Orangenklipper von den Azoren und Lissabon ihre duftreichen Frachten von der Themse aus in die umfangreichen Lagerhäuser von Pudding- und Bottolph Lane ausladen sehen. Nicht weniger als 240 dieser schnellsegelnden Fahrzeuge sind stets auf der Reise, um die Auktionsräume von Keeling L Hunt zu ver­sorgen, aus welchen die Früchte nun zu einem Drittel in die Fenster der Fruchthändler zu A aber in die Hände der sog. Mittelleute über­gehen. Diese Mittelleute, meist wohlhabende Juden, in der Nachbar­schaft von Dukes Place, vertheilen sie an den Wanderstamm der Costermongers," welche, zum Theil irischer Abkunft, sich alle Tage zu gewissen Stunden hier versammeln, um ihre Karren und Körbe mit Apfelsinen zu füllen und dann durch die Straßen zu fahren. Wieder eine Unterabtheilung dieser Costermongers sind dieOrangen- mädchen (oranFe xirl8 genannt,) welche, als die fliegenden Corps und leichten Truppen der ganzen Apfelsinen-Armee, mit ihrem Trag- korb durch die Haupt- und Nebenstraßen ziehen, und regelmäßig während der Zwischenakte in den Theatern erscheinen, das Parterre und die Halle nicht nur mit Erfrischung, sondern auch mit Geschossen versehendto pell ckown a pieee" (ein Stück auszuwerfen); weßhalb junge Schauspieler und Verfasser von neuen Stücken die Apfelsinen­schalen gerade so fürchten, als das Publikum im Allgemeinen die Apfelsinen liebt. Das Orangenmädchen ist eine stehende Figur in den Londoner Schauspielhäusern, und ihr RufOranASs! will ^ou llavs 0ranF68!" (Orangen! wollen Sie Orangen!) ist darin ununterbrochen gehört worden seit der Restauration des Theaters unter Karl II. Damals hatten sie ihren eigenen Platz im Theater; sie standen im Parterre dicht unter der Bühne, dieser den Rücken und den Zuschauern ihre hübschen Gesichter zukehrend. Die Stutzer der Stadt pflegten sich mit ihnen zu unterhalten; denn diese Mädchen waren nicht minder wegen ihrer Schönheit, als auch ihres Witzes berühmt. Mit ihnen um den Preis zu feilschen, ward eines Gent­lemans für unwürdig erachtet, und die Apfelsinen, die man von ihnen kaufte, präsentirte man den maskirten Damen, die in der Loge saßen.

Die Orangenmädchen mit ihrem typischen Hütchen, demBonnet" mit herabhängenden Bändern und Haarnetz, ihrem Umschlagetuch,