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Die Beschäftigung des weiblichen Geschlechts in der Hand-Arbeit oder praktische Nachweisung der Thätigkeit der Frauen im Haushalte, im Verkehr, in der Klein- und Groß-Industrie, in den verschiedenen Gewerben, selbstständigen Erwerbsarten, und den zunächst damit verbundenen Absatz-Geschäften / von A. Daul. Mit einem Vorwort von Max Wirth
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Fruchtweine.

der Quantität des Saftes, obgleich der Zuckerhalt dabei etwas zu­nimmt. Doch bringt man sie vor dem Zermalmen gern noch 12 bis 24 Stunden auf einen Haufen, um sie daselbst schwitzen zu las­sen, d.h. ihre Reife noch weiter zu bringen und sie mürbe zu machen, wodurch ihr Zuckergehalt sich vergrößert. Beschädigtes und schlech­tes Obst muß man hiezu sorgfältig auslesen, weil der Most sonst einen üblen Geschmack erhält. Aus Aepfeln und zwar aus reifen Aepfeln, besonders von Bäumen,,welche in einem guten Sommer die Sonne ungehindert bescheint, wird der Cider viel geistreicher und haltbarer, als aus Birnen. In sehr trockenen Jahren werden die Aepfel klein, geben aber einen sehr guten Saft. Ist nun die Zeit der Obsternte naß und kalt, so erhält man aus dem Obste einen schwachen, nicht haltbaren Most. Obst, welches auf alten Bäumen gewachsen ist, giebt unter gleich übrigen Umständen, einen Cider, welcher mehr Körper und Farbe hat, als von jungen. Die farbigen Aepfelsorten zieht man in der Regel den farblosen vor. Besonders gern hat man diejenigen Aepfel, deren zuckerreiches Fleisch an der Luft schnell roth wird.

Um den Saft aus dem Obste zu gewinnen, muß letzteres zer­malmt und ausgepreßt werden. Es giebt hiezu eigene Aepfel- mühlen oder Pressen, oder Apparate (wie vorerwähnt), je nachdem man die Ciderbereitung im Großen oder Kleinen betreibt. Die Gährung selbst wird in guten Fässern vorgenommen. Sie fällt um so vollkommener aus, je größer das mit Most angefüllte Faß und je dicker das Holz desselben ist, je reifer und gleichartiger das Obst war, und je schneller das Auspressen selbst verrichtet wurde. Hat man den Most von der Kelter weg in einem Kessel abgekocht, und dann in ein, mit warm gemachtem Weinbranntwein ausgeschwenk­tes Faß gethan, so erhält man nach der Gährung einen starken, vor­züglichen Cider, der im Geschmack und in der Güte überhaupt dem Rheinweine nicht viel nachsteht. Man muß nur in jedem Falle das Unreine, welches der Wein beim Gähren ausstößt, recht sorgfältig Hinwegnehmen. Deswegen ist es gut, wenn der Spund eine trichter­förmige Einfassung hat, auf welche die ausgestoßenen Unreinigkeiten sich so legen können, daß sie nicht wieder in das Faß zurückzugehen im Stande sind.

Bringt man beim Anfange des Gährens ein paar Hände voll getrocknete Hollunderblüthen in das Faß, so tilgt dies den eigenthümlichen, nicht besonders angenehmen Obstgeschmack des Apfel­weins, sowie etwas unter die zu gährende Flüssigkeit gebrachte pul- verisirte Angelikawurzel oder gerösteter Weizen dem Weine eine schöne gelbe Farbe mittheilt. Der geröstete Weizen verbessert auch den Wein, wenn er sauer werden will. Uebrigens sagt Pros. Wag­ner in seinerVolksgewerbslehre" kann man auf solche Weise selbst aus gefrorenen Aepfeln einen sehr guten Most gewinnen; die Quantität desselben fällt aber nur halb so groß aus, als bei ungefrorenen Aepfeln.