Die Fabrikarbeiterinnen in Amerika im Allgemeinen. 761
können. — Doch werden sie immer von Fremden, hauptsächlich von Jrländerinnen, verdrängt, welche wohlfeiler arbeiten, und mit denen sie ohnehin schon aus angeborner Abneigung gegen Fremde nicht gerne arbeiten wollen. (Man verdamme sie ja für dieses in so vielen Beziehungen entschuldbare Gefühl nicht). — Indessen ist freilich nicht immer das Leben der Fabrikarbeiterinnen ein so leichtes. In den Fabrikstädtchen auf dem Lande freilich, da können sich die Arbeiterinnen in harmlosen, gesunden Vergnügungen erholen, wie sie die ländliche Ruhe bietet; sie haben gute Lektüre und Umgang mit braven und ehrbaren Personen, und ist ihre Ueberwachung ermöglicht. Aber die Arbeiterinnen, welche die Fabriken besuchen, welche sich in großen Städten befinden, erliegen nur zu leicht jenen falschen Erholungen und tückischen Vergnügungen, welche die Kräfte des Körpers und der Seele abspannen und vergiften und — da wenig oder gar keine Aufsicht, auch gar nicht der Wille, eine solche zu führen, vorhanden ist, da die armen Arbeiterinnen vereinzelt und ohne Freundesstütze im Leben dastehen — zum Ruin führen müssen. — Außer den Irlände- rinnen werden auch von Canada her Arbeiterinnen geholt, und scheint ein förmlicher Markt dort zu existiren, ähnlich wie in gewissen Gegenden Europa's; denn die Vers. erzählt u. A. von einem jungen Manne, der 20 Mädchen auf der Eisenbahn nach den Neu-England Staaten begleitete, die er in Canada angeworben hatte, und wofür er außer den Reisekosten noch K 5 als Prämie per Kopf erhielt. — Ein Drittel der in den östlichen Fabriken beschäftigten Personen sind weiblichen Geschlechts und wird dieses Arbeitselement in voller Genüge durch die Einwanderung ergänzt. — Auch im Süden begann, vor dem Kriege schon, die Baumwollenindustrie sich zu regen, und die Knaben und Mädchen, welche in derselben, im Alter von 12—20 Zähren, beschäftigt waren, wurden durchschnittlich besser bezahlt und hatten eS leichter, als die im Norden; denn bei 20stündiger Tagesarbeit verdienten sie die Woche S 4—6. Aber es wurde Hiebei auch eine besondere Aufmerksamkeit dem guten Charakter der Arbeiterinnen geschenkt, und in manchen Fabriken wurden nur solche als Arbeiterinnen aufgenommen, welche gute Zeugnisse über ihr Betragen und ihren fleißigen Sinn beibringen konnten. Kirchen und Sonntagsschulen waren den Fabriken beigegeben, so daß auch für ihre religiösen Bedürfnisse und ihre geistige Ausbildung möglichst gesorgt war. Die Eagle Mills (Ga.) u. A. hatten 136 Webstühle und beschäftigten 70 Mädchen, welche von 50 Cts. bis K 1 pr. Tag verdienten.
Man zieht in den Baumwollenfabriken Frauenspersonen den männlichen Arbeitern vor, weil sie mehr Ordnung lieben, lenksamer und reinlicher sind, und — ihrer flinken Finger wegen. Sie sind auch aufmerksamer, was eine Hauptsache ist; denn die Arbeit erfordert nicht körperliche Anstrengung und ermüdet nicht, sondern bedarf nur sorgsamer Ueberwachung; weshalb sie aber auch mehr abspannt als anstrengt. Endlich ist ihre Arbeit auch billiger, als die der männlichen