802

Halbwollene Zeuge.

Die Verf. führt hier einige Fabriken in Rhode Island auf, in denen musterhafte Einrichtungen getroffen sind, welche darthun, in welcher Achtung in Amerika die Arbeit steht. In einer dieser Fa­briken, in welcher halbwollene (und auch Flanell-) Zeuge fabricirt werden, sind 58 Frauenspersonen mit Spulen, Garnwinden und Weben beschäftigt und verdienen § 35 pr. Woche. Die Männer bringen es auf K 1 pr. Tag; denn sie verrichten auch mehr Arbeit, indem einer derselben drei, ein Mädchen aber nur zwei Webstühle bedient. Die Arbeitszeit ist 13 Stunden. In dieser Fabrik arbei­ten meist Frauenspersonen, welche Familie haben oder einer solchen angehören, weniger aber ganz einzeln stehende Personen. Indessen ist für dieselben ein Boardinghaus, in welchem sie nur K 1. 75 (Män­ner E 2. 25) bezahlen dürfen, und das vom Fabrikanten unterstützt wird, daß es so mäßige Preise halten kann. In einer anderen Fabrik desselben Staates werden die Frauenspersonen auch mit An- scheeren beschäftigt. Die Arbeiterinnen können, wenn es volle Arbeit giebt, K 3. 75 bis K 6 verdienen. Für's Weben wird pr. Isard, für's Spulen pr. Bündel, für's Anscheeren pr. Gewebe, und Aushilfs- arbeiterinnen pr. Woche bezahlt. Männer verdienen 75 Cts. bis K 1. 25 pr. Tag; sie leisten aber auch mehr und haben größeren Boarding zu bezahlen. Die tägliche Arbeitszeit ist vom 20. März bis 20. Oktober von 5 Uhr Vorm. bis 7 Uhr Nachm., und vom Oktober bis März von 7 Uhr Vorm. bis 8 Uhr Nachm. Die Arbeitssäle sind in diesen Fabriken gut ventilirt und erwärmt, und die Kosthäuser stehen unter der Aufsicht der Fabrikanten; jedoch haben die Arbeiterinnen die Freiheit, sich bei Familien einlogiren zu dürfen.

Die meisten dieser Arbeiterinnen sind Farmerstöchter, welche nicht genöthigt sind, für Geld zu arbeiten, sondern die freiwillig kommen und den gewonnenen Erwerb zu ihrer besseren Ausbildung verwenden, wozu ihnen hier auch die Gelegenheit geboten wird. Denn auch Instru­mentalmusik wird u. A. in einem Institute nahe der Fabrik von einer jungen Dame gelehrt, welche sich ebenfalls die Mittel zu ihrer Aus­bildung durch Fabrikarbeit erworben hatte. Ein oder drei Abende in jeder Woche sind literarischen Zusammenkünften, sogenannten Lese­kränzchen, gewidmet, an welchen alle die Arbeiterinnen dieser und der benachbarten Fabriken Antheil nehmen. Einige 810 der Ar­beiterinnen, welche nur des Sommers über in der Fabrik arbeiten, ertheilen während der übrigen Zeit in nützlichen Dingen Unterricht.

Der Boarding ist auf K 1. 75 (für Männer auf K 2. 25) fest­gesetzt. In einer weiteren Fabrik der Kenepon Mills in Rhode Island (bekanntlich dem kleinsten, aber nicht dem ärmsten Staate der großen Amerikanischen Union) bestehen ähnliche Verhältnisse. Fast all' die Arbeiterinnen sind Töchter von Farmern der Umgegend und haben eine gute Schulbildung genossen. Einige derselben halten Zei­tungen und Zeitschriften und nehmen dieselben zum Lesen mit in die Fabrik, wenn es Arbeitspausen giebt, während wieder andere in die-