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Glasfabrikation.

weniger fast in allen Staaten anzutreffen, und ihre Produkte finden zum Theile auch guten Absatz im Auslande. Sie ist am wichtigsten im Königreiche Bayern, wo sie namentlich in der Oberpfalz, in Mit- tclfranken und Nieder-Bayern ihre Hauptsitze aufgeschlagen hat. Dem­nächst ist sie von Bedeutung in Hannover, Kurheffen, Holstein und Braunschweig. Von den Spiegelfabriken sind besonders namhaft zu machen, jene zu Erlangen, Zwickau, Hildesheim, Harburg, Mann­heim, Braunschweig und Hamburg. Im Ganzen besitzt Deutschland im engern Sinne derzeit etwa 130 Glashütten, gegen 300 Glas- schleifereien und Polirwerke und circa 50 Spiegelglasfabriken. Frankreichs Glasindustrie liefert als Hauptausfuhr-Artikel Spiegel­glas, Luxusgläser und Bouteillen. Die Verfertigung von Tafel- und ordinärem Hohlglase ist in den nördlichen Departements (Nord und Aisne) zu Hause, wo auch viel Bouteillenglas erzeugt wird. Auf einem sehr hohen Standpunkte befindet sich die Spiegelfabrikation, für welche zu St. Gobain eine berühmte Manufaktur besteht; sonst giebt es bedeutende Spiegelfabriken in Ciey und Montlu^on. Kry­stallglasfabriken sind errichtet in Baccarat, Clichy, St. Louis, Lyon und bei Paris. Den besten Geschmack zeigen die künstlichen Edel­steine und Glasbijouterien (namentlich aus Paris und Saumur), in deren Erzeugung gegenwärtig die Franzosen unbestreitbar den ersten Platz einnehmen. Großbritannien ist namentlich durch sein Flint- glas ausgezeichnet; dieses, sowie Spiegelglas, wird besonders in und bei Birmingham, bei Liverpool, in South-Shields, Dudley, Bristol und London verfertigt. Zu London und Birmingham werden auch Luxusgläser (Fein- und Krystallglas) in den schönsten Formen er­zeugt; in nächster Umgebung der letztgenannten Stadt und von Newcastle, sowie in Sunderland die größten Mengen von Tafel- und Flaschen- glas, und zu Dewsbury bei Leeds viel ordinaires Hohl- und ge­preßtes Glas. In Schottland ist Glasgow der Hauptsitz der Glas­industrie. Die große Ausdehnung dieses Industriezweiges in Groß­britannien überhaupt hat einen namhaften Export zur Folge.

Glas in technischer Beziehung ist eine aus Kieselerde (Ouarz- sand) mit Hülfe feuerbeständiger Alkalien in hoher Hitze geschmolzene, durchsichtige und gleichartige Masse. Gewöhnlich ist dieselbe farbrnlos und dann im äußeren Ansehen sich dem Bergkrystal nähernd; öfters auch mit Metalloxyden verschieden gefärbt. In gewöhnlicher Tempe­ratur ist sie hart und spröde, in dickeren Stücken stark klingend, in dünnen Flächen oder Fäden elastisch, mit glänzender Oberfläche, mit muscheligem glänzenden Bruche; in der Glühhitze sich erweichend, zäh und bildsam. Die Fabrikation des Glases besteht: 1) in der Mischung der Materialien, 2) in dem Schmelzen und 3) in dem Formen des geschmolzenen Glases zu Tafelglas (für Fensterscheiben), für gläserne Gefäße jeder Art, zu Spiegelglas, Krystallglas (für ge­schliffene Luxuswaaren) und Flintglas (zur Herstellung von Linsen in den optischen und wissenschaftlichen Instrumenten). Die Arten von