Spiegelfabrikation.

893

und andere Unregelmäßigkeiten. Die Spiegelfabrikation hat nun sowohl mittelst Gießens, als Blasens bis auf die neueste Zeit eine immer größere Ausdehnung und Vervollkommnung erhalten, und aus Bayern werden gegenwärtig über 10,000 Ctr. Spiegel jährlich aus­geführt. Großartige Spiegelfabriken bestehen besonders in Frankreich und England. Die schönsten und größten Spiegxl liefert die alte Fabrik von St. Gobain in Frankreich. Aus Böhmen kam auf die erste Londoner Ausstellung ein geblasener, facettirter Spiegel von 88 Zoll Höhe und 43 Zoll Breite, und aus einer englischen Spie­gelfabrik war ein solcher ausgestellt, der 18 Fuß und 8 Zoll in der Höhe, 10 Fuß in der Breite maß und 10 Centner wog. Auf der vorletzten Pariser Ausstellung hatte die Fabrik von St. Gobain einen Spiegel von 175 Pariser Zoll Höhe und 125 Zoll Breite ausge­stellt, und auf die letzte Ausstellung einen solchen, zugleich mit einer großen Glasscheibe gebracht, mehr als ein Stockwerk hoch und so rein und trefflich gearbeitet, daß man fast nicht wußte, was Spiegel und was Scheibe sei. Was gehörte Alles dazu, ehe man Gläser von solchem Umfang herstellen konnte? Welche Fortschritte mußten Chemie, Technologie und Maschinenbau hiezu gemacht haben? Welche vollendeten Werkzeuge gehören zu solchem Werke?!

Die Spiegel werden aus geblasenem oder gegossenen Glas erzeugt, welches auf beiden Seiten geschliffen, möglichst fein polirt und auf der Rückseite mit Zinnamalgam und in neuester Zeit auch mit Silber belegt wird, wodurch es seine Durchsichtigkeit verliert und erst zum Spiegel wird. Nirgend ist der Luxus mit Spiegelwaa­ren so hoch getrieben, wie in Paris. Mit den Spiegelfabriken Frank­reichs wetteifern die englischen und russischen nicht ohne Erfolg.

In Frankreich sind gerade Frauenspersonen bei dem gesund- heitschädlichen Spiegelgeschäste angestellt. Die Personen, welche Spie­gel versilbern, sind großen Uebelständen durch die Quecksilberdämpfe und noch mehr durch die Berührung des Materials ausgesetzt. Ein krankhaftes Zittern erfasse sie, das seine Opfer frühzeitig dahinraffe, behauptet die Verfasserin. Die Vorsichtsmaßregeln dagen sind die­selben, wie beim Blei (siehe S. 665), nur muß die Haut, besonders der Hände, noch mehr geschützt werden (durch Handschuhe von Wachs- taffet, Thierblase, Kautschuk).

Was die Spiegelfabrikation in Deutschland betrifft, ist in Preu­ßen die Fabrik zu Neustadt a. d. D. eingegangen; aber 1857 ist eine große Anstalt in Stolberg und Aachen begründet worden. In Oesterreich ist die Spiegelfabrik zu Viehofen bei St. Pölten erwah- nenswerth; in Baden die zu Waldhof bei Mannheim und in Bayern die Nürnberg-Fürther, welche mit 90 Meistern, 1336 Ge­hülfen und 18 Lehrlingen arbeitet. Unter anderen gründete H. Luoin in Fürth 1760 eine Spiegelfabrik, wo die Arbeiter jetzt 78 fl., Ar­beiterinnen 45 fl. Wochenlohne, in zwei Fabriken, von Dach und Katzwang, erhalten.