Fayence-Waaren. Steingut oder Steinzeug. 893

wöhnlichcs Thongeschirre sind. Das Material zur ordinairen Fayence muß gemischt und durch sorgfältige Abarbeitung gereinigt und gleich­förmig gemacht werden, ehe es zur Verarbeitung paßt. Die Glasur ähnelt dem Milchglase und das Email ist auch einfacher Farbenver- zierung fähig. Die Verfertigung von Speisegeschirren aus solcher Fayence ist in letzter Zeit ganz in Verfall gerathen; dagegen gewinnt ihre Anwendung zu emaillirtcn Ofenkacheln eine sehr gesteigerte Ver­breitung. In Frankreich erzeugt man auch braune Fayence, wie die Geschirre sind, in welchen die bekannten Straßburger Gänseleberpasteten versendet werden. Die feine Fayence, besonders die englische, steht dem feinen Steinzeug am nächsten, und hat stets eine durchsichtige Glasur. Die Materialien müssen möglichst fein gemalen und auf's innigste gemengt werden. Das Formen geschieht entweder mit der Hand oder auf Maschinen. Eine Eigenthümlichkeit der feinen Fayence ist, daß sie in der Regel mit Zeichnungen in mancherlei Farben ge­ziert ist, welche unter der durchsichtigen Glasur liegen. Dieselben sind aber nicht Produkte der Kunst, sondern das Ergebniß kunstfer­tiger Geschicklichkeit, durch niedere Malerei und dem Pinsel, durchDruck oder Metallüberzüge. Ein eigens präparirtcr Abdruck von einer Kupferplatte mit der bedruckten Fläche auf die Fayence aufgeklebt, das so überzogene Geschirre in's Wasser getaucht, so daß das Papier und Klebemittel aufweicht und dann abgezogen werden kann, läßt dann die Zeichnung auf dem Geschirre zurück und an- oder einbren- nen. Auf solche Weise werden Vignetten, Guirlanden, Bouquete, Landschaften u. s. w. angebracht, wobei man die Zeichnung mit bester Benutzung des zu Gebote stehenden Raumes ausschneidet und anord­net. Zuweilen werden auch aus freier Hand mit dem Pinsel farbige Reifen und Tupfen u. dgl. aufgetragen. Die Glasur läßt alle solche Zeichnungen durchscheinen. Vergoldungen sind bei Fayence nicht ge­bräuchlich; aber ungemeiu dünne und zarte Metallüberzüge. Der Sitz der englischen Fayence-Fabrikation ist die Grafschaft Stafford- shire, aber vielmehr ein Distrikt daselbst, der geradezutlie kotterie8" (die Töpfereien) genannt wird.

446. Steingut oder Steinzeug. Das Material hiezu ist feuerfester Thon, welcher auch plastischer Thon genannt wird. Man unterscheidet in der daraus gefertigten Waare ordinaires und feines Steingut. Beide Arten zeichnen sich von gewöhnlicher Töpferwaare durch einen hohen Grad Härte und fast glasähnliche Dichtheit aus. Aus gemeinem Steingut verfertigt man verschiedene Geschirre für den täglichen Gebrauch, als: Milchgefäße, Töpfe (die jedoch am Feuer nicht gebraucht werden können), Mineralkrüge u. s. w. In Deutsch­land bildete in der letzten Hälfte des 16. und Anfang des 17. Jahr­hunderts das gemeine Steinzeug die Masse, welche gerade so zu Ge­genständen des Luxus diente, wie heute zu Tage das Porzellan. Die Vollendung der Arbeit, der Geschmack, die Reinheit der Formen, die