894 Terra Cotta. Lithoconia oder künstlicher Stein.

erhabenen Verzierungen, kurz der gesammte Styl liefert einen inter­essanten Beweis, wie hoch damals deutsche Kunst stand, und wie tief sie in's Volk eingedrungen war. Auch gegenwärtig ist dieser Industrie­zweig noch sehr verbreitet, besonders in Böhmen, Mähren, Nieder- österreich, in Rheinpreußen u. s. w. Feines Steingut oder Wedg- wood kommt in verschiedenen Farben (gelb, blaßgrün, blau, braun, schwarz gefärbt vor). Die einzelnen Bestandtheile hiezu müssen mit der größten Sorgfalt gemahlen und geschlämmt werden, weil die Bildsamkeit mit der feineren Zertheilung wächst. Das Formen ge­schieht auf der Drehscheibe oder durch Abdruck in Formen und Gyps, Holz oder Metall. Auf diese Geschirrgattung werden häufig Reliefs aus anders gefärbten Thonmasscn aufgelegt, welche man ebenfalls in Formen preßt und dann durch Aufkleben aufsetzt. In England sind besonders die Nachahmungen der berühmten antiken Portlandvase be­liebt, nemlich weiße erhabene Figuren auf blauem Grunde. Die größte Vollkommenheit hat die Fabrikation von derartigem Steinzeug in England erreicht.

Sowohl in der Fayence-, wie in der Steinzeugverarbeitung wird Frauenarbeit gerade so gut, als bei gemeinen Töpferwaaren engagirt sein, insbesonders aber da, wo es sich um Anbringung von Zeichnungen und Verzierungen handelt.

447. Terra Cotta, für Zwecke der schönen Baukunst pas­send, führt die Verf. hier ebenfalls an, und sagt, freilich in etwas undeutlicher Weise, daß eine Mademoiselle de Fareau besonders vielen Erfolg gehabt haben soll in Anwendung dieses Materials zu künstlerischen Zwecken. Es werden entweder Vasen und Garten­töpfe, oder Bauverzierungen daraus gemacht. 1842 wurde zu Lever Bridge, in England, eine gothische Kirche daraus gebaut (?). Die Kanzel, das Vorlesepult, die Bänke, der Orgelschirm und all' die in derselben vorhandenen Verzierungen waren von dieser Masse, sagt die Verf. Beim Verfertigen von Figuren könnten meint sie Frauenspersonen alles versehen, mit Ausnahme des Formens. Das Aufputzen derselben würde eine passende Arbeit für sie sein.

448. Lithoconia oder künstlicher Stein, wird auch so, wie die Terra Cotta oft statt des Papiermaches angewendet. Diese Masse ist aus Mineralsubstanzen zusammengesetzt, löst sich im Wasser nicht auf und wird zur Verfertigung von Rahmen für Photographien, zu Büsten, Statuen und architektonischen Zwecken benutzt. Dieser künstliche Stein wird bisher nur in Roxbury bei Boston (Mass.), fabricirt, und der Erfinder und Selbstfabrikant desselben beschäftigt 14 Frauenspersonen mit der Verfertigung und Zurichtung von Pho­tographie-Rahmen, die bei lOstündiger Tagesarbeit durchschnittlich K 5 per Woche verdienen (Männer K 1 bis 2 per Tag). Der Aussage desselben gemäß passen Frauenspersonen besser als Männer,